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Es ist ein Ros entsprungen



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Es ist ein Ros entsprungen
aus einer Wurzel zart.
Wie uns die Alten sungen,
von Jesse kam die Art
und hat ein Blümlein bracht,
mitten im kalten Winter,
wohl zu der halben Nacht.

Das Röslein, das ich meine,
davon Jesaia sagt:
ist Maria, die reine,
die uns das Blümlein bracht.
Aus Gottes ew'gem Rat
hat sie ein Kind geboren
und blieb ein reine Magd.
(katholisch, Speyer 1599)

oder

Das Röslein, das ich meine,
davon Jesaia sagt:
hat uns gebracht alleine
Marie die reine Magd.
Aus Gottes ew'gem Rat
hat sie ein Kind geboren
wohl zu der halben Nacht.
(protestantisch, Michael Praetorius 1609)

Das Bümelein so kleine,
das duftet uns so süß,
mit seinem hellen Scheine
vertreibt's die Finsternis.
Wahr' Mensch und wahrer Gott,
hilft uns aus allem Leide,
rettet von Sünd' und Tod.

O Jesu, bis zum Scheiden
aus diesem Jammertal
laß Dein Hilf uns geleiten
hin in den Freudensaal,
in Deines Vaters Reich,
da wir Dich ewig loben;
o Gott, uns das verleih!


Text und Melodie: entstanden im 16. Jahrhundert, ältester Druck des Liedes Speyer 1599, protestantische Fassung von Michael Prätorius 1609 - (1571–1621).
Strophen 3 und 4: Friedrich Layriz 1844

Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Michael Fischer: Es ist ein Ros entsprungen (2007). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. http://www.liederlexikon.de/lieder/es_ist_ein_ros_entsprungen/


Das Lied "Es ist ein Ros entsprungen" gehört zu den am weitesten verbreiteten Weihnachtsliedern der Gegenwart, trotz oder gerade wegen seines rätselhaften Textes. Entstanden ist es im 16. Jahrhundert.

I. Die älteste Fassung des Liedes umfasste vermutlich nur zwei Strophen: Die erste mit dem Textbeginn "Es ist ein Ros entsprungen" entfaltet ein Rätsel: Ein Ros (Reis) bringt mitten im Winter und in tiefer Nacht ein Blümlein hervor. In der zweiten Strophe mit dem Incipit "Das Röslein, das ich meine" wird dieses Rätsel aufgelöst: Dieses Reis ist Maria, das Blümlein Christus. Biblischer Hintergrund für das Bild ist die alttestamentliche Prophetie des Jesaja: "Egredietur virga de radice Iesse / et flos de radice eius ascendet" – "Aus der Wurzel Isais wird ein Reis hervorgehen, und eine Blume wird aus dieser Wurzel aufgehen." Von den Kirchenvätern wurde dieser Satz einerseits auf Maria bezogen, die virgo (Jungfrau) und virga (Reis) zugleich ist, andererseits auf Christus. Dieser stammt nach biblischem Zeugnis aus dem Geschlecht Davids (der im Lied genannte Isais bzw. Jesse ist der Vater Davids, vgl. 1 Sam 16,1–13).

II. Im ältesten Druck des Liedes (Speyer 1599) folgen auf die beiden ersten Strophen über zwanzig weitere: Sie machen den Gesang zu einem Erzähllied, das die Ereignisse der Geburt Jesu von der Verkündigung bis hin zum Eintreffen der Drei Könige beschreibt (Edition A). In der Forschung wird allerdings aufgrund textimmanenter Gründe davon ausgegangen, dass die poetisch weniger anspruchsvollen Erzählstrophen sekundären Ursprunges sind. Zentrales Argument ist dabei der kunstvolle Strophenbau in den ersten beiden Strophen, die achtmal den Vokal "a" enthalten: zart, Art, bracht, Nacht, sagt, bracht, Rat, Magd.

III. Entstanden ist das Lied wohl, wie die Überlieferungslage nahe legt, im Trierer Raum. Es verbreitete sich schnell (in unterschiedlicher Gestalt) in katholischen Gesangbüchern des 17. Jahrhunderts. Im protestantischen Bereich wurde das Lied nicht rezipiert, mit einer bedeutenden Ausnahme: Michael Prätorius (1572–1621) hat es als vierstimmigen Chorsatz in seine Sammlung "Musae Sioniae" (1609) aufgenommen (Edition B). Bemerkenswert ist der Texteingriff in der zweiten Strophe, der – entgegen der Kirchenväter-Auslegung – den parallelismus membrorum der biblischen Vorlage ernst nimmt: Das Reis bzw. die Rose ist identisch mit der Blume. Damit wird die zweite Strophe christologisch zentriert und die Rolle Mariens im Heilsgeschehen zurückgedrängt, ohne ihre "Reinheit" (Jungfräulichkeit) in Zweifel zu ziehen.

IV. Das Lied "Von Jesse kompt ein Wurtzel zart" (Edition C) gehört zumindest thematisch zu "Es ist ein Ros entsprungen". Entstanden ist es im frühen 17. Jahrhundert. Möglicherweise ist der Jesuit Friedrich Spee (1591–1635) der Autor. Diese abgelegene Fassung wurde Anfang des 19. Jahrhunderts von Clemens Brentano und Achim von Arnim im ersten Band von "Des Knaben Wunderhorn" (Heidelberg 1808) abgedruckt. Eine breitere Rezeption ist davon nicht ausgegangen.

V. "Es ist ein Ros entsprungen" ist im 19. Jahrhundert von der Hymnologie und der Volksliedforschung wiederentdeckt worden. Kanonisch wurde dabei der Tonsatz von Prätorius, den Carl von Winterfeld 1843 in seinem großen Werk zum evangelischen Kirchengesang neu publiziert hat. 1844 folgte die Veröffentlichung des Liedes mit einem "altertümlichen" Tonsatz durch Pastor Friedrich Layriz. Er fügte den von Prätorius mitgeteilten zwei Strophen drei weitere hinzu (Edition D). Eine andere "Fortschreibung" des Liedes findet sich in Heinrich Bones (1813–1893) katholischem Gesangbuch "Cantate" (Mainz 1847), einer wirkungsgeschichtlich bedeutsamen Privatpublikation. Bone hat das Lied "Nun singet von der Blume" nach Auskunft seines Sohnes selbst gedichtet, allerdings konnte es sich gegen das Original nicht behaupten (Edition E).

VI. Bemerkenswert ist, dass das Lied erst spät in moderne Kirchengesangbücher aufgenommen wurde. Katholische Bücher drucken es vereinzelt ab Mitte des 19. Jahrhunderts ab, verbreitet aber erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein ähnlicher Befund lässt sich auch für evangelische Bücher erheben; hier stand wohl die Etikettierung als "geistliches Volkslied" und die katholische Herkunft einer Rezeption in Gottesdienst und Kirche zunächst entgegen. Eine bedeutende Ausnahme bildet das Deutsche Evangelische Gesangbuch von 1915 (Edition F): Dort ist das Lied in der von Prätorius mitgeteilten evangelischen Lesart abgedruckt. Langfristig durchgesetzt hat sich jedoch eine dreistrophige Fassung, bestehend aus den beiden Strophen von Prätorius und einer dritten von Friedrich Layriz ("Das Blümelein so kleine", vgl. Edition D). Die letztgenannte Strophe wurde so populär, dass sie seit 1938 (Sammlung "Kirchenlied") sogar in die katholische Singpraxis eingegangen ist.

VII. Eine Umdichtung wurde durch die Nationalsozialisten geschaffen und in der Anthologie "Deutsche Kriegsweihnacht" (München 1943) veröffentlicht. In dieser Fassung wird nicht mehr der Gottessohn besungen, sondern die völkische Gemeinschaft (Edition G). Zentrale Metaphern sind dabei die "Mutter" und das "Keimen": Recht eindeutig wird hier also der Blut-und-Boden-Kult gepflegt. Propagandistisch geschickt ist die Einkleidung der Ideologie in ein scheinbar christliches Gewand, wobei in Strophe 1 der Name "Jesse" aus dem Alten Testament unterdrückt wird.

VIII. Heute stellt "Es ist ein Ros entsprungen" – wenn man die Praxis der christlichen Kirchen zugrundelegt – ein ökumenisches Lied dar, auch wenn alle Versuche, eine einheitliche, konfessionsübergreifende Textfassung herzustellen, gescheitert sind. Außerhalb der Liturgie spielt es – auch in instrumentalen Arrangements – sowohl in der Sing- als auch in der Hörpraxis (zahlreiche Tonaufnahmen) eine Rolle. Im 20. Jahrhundert wurde es durch populäre Graphik verbreitet, sei es auf Liedpostkarten (Abb. 1), sei es in Andachtsbüchern oder auf entsprechenden Bildern (Abb. 2).

MICHAEL FISCHER
(Dezember 2005 / Januar 2007)

Literatur

  • Martin Rößler (Bearbeitung: Peter Ernst Bernoulli): Es ist ein Ros entsprungen. In: Ökumenischer Liederkommentar. Zürich 2001ff., o. P.
  • Hansjakob Becker: Es ist ein Ros entsprungen. In: Geistliches Wunderhorn. Große deutsche Kirchenlieder. Hrsg. von Hansjakob Becker u.a. München 2001, S.135–145.
  • Johannes Heinrich, Siegfried Fornaçon: Nochmals "Es ist ein Ros entsprungen". In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 7 (1962), S. 179ff.
  • Konrad Ameln: "Es ist ein Ros entsprungen". Strittige Fassungen von Text und Weise. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 5 (1960), S. 146–154.
Editionen und Referenzwerke
  • Spee-Arbeitsbuch 2005, S. 190ff. (Edition und kritischer Kommentar zu "Von Jesse kommt ein Wurzel zart").
  • Fischer/Tümpel 1904, Bd. 1, S. 205 (Nr. 256).
  • Erk/Böhme 1894, S. 627 (Nr. 1919).
  • Zahn 1890, Bd. 3, S. 26 (Nr. 4296).
  • Fischer 1878, Bd. 1, S. 182.
Quellenübersicht
  • Ungedruckte Quellen: kaum Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: überaus häufig in Gebrauchsliederbüchern, sehr häufig in Kirchengesangbüchern
  • Bild-Quellen: gelegentlich auf Liedpostkarten
  • Tondokumente: sehr viele Tonträger (über 900)

Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Darüber hinaus wurden auch die Bestände des Gesangbucharchivs Mainz sowie (hinsichtlich der Tonträger) des Deutschen Musikarchivs Berlin miteinbezogen.

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