Vom Himmel hoch, o Englein, kommt!
Eia, eia, susani, susani, susani,
Kommt, singt und springt, kommt, pfeift und trombt!
Halleluja, halleluja!
Von Jesus singt und Maria!
Kommt ohne Instrumente nit,
Eia, eia, susani, susani, susani,
Bringt Lauten, Harfen, Geigen mit!
Halleluja, halleluja!
Von Jesus singt und Maria!
Weihnachtslieder – Album 2
Wiebke Hoogklimmer – Altstimme
Laßt hören euer Stimmen viel,
Eia, eia, susani, susani, susani,
Mit Orgel- und mit Saitenspiel!
Halleluja, halleluja!
Von Jesus singt und Maria!
Hier muß die Musik himmlisch sein,
Eia, eia, susani, susani, susani,
Weil dies ein himmlisch Kindelein.
Halleluja, halleluja!
Von Jesus singt und Maria!
Die Stimmen müssen lieblich gehn,
Eia, eia, susani, susani, susani,
Und Tag und Nacht nicht stille stehn:
Halleluja, halleluja!
Von Jesus singt und Maria!
Sehr süß muß sein der Orgel Klang,
Eia, eia, susani, susani, susani,
Süß über allen Vogelsang.
Halleluja, halleluja!
Von Jesus singt und Maria!
Das Saitenspiel muß lauten süß,
Eia, eia, susani, susani, susani,
Davon das Kindlein schlafen müss‘.
Halleluja, halleluja!
Von Jesus singt und Maria!
Singt Fried den Menschen weit und breit,
Eia, eia, susani, susani, susani,
Gott Preis und Ehr in Ewigkeit!
Halleluja, halleluja!
Von Jesus singt und Maria!
Text und Melodie: Kölner Gesangbuch 1623
Das Lied wird erwähnt in: „Friedrich Spee: Die anonymen geistlichen Lieder vor 1623“.
Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Frauke Schmidt-Gropengiesser: Vom Himmel hoch, o Engel kommt (2011). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon.
http://www.liederlexikon.de/lieder/vom_himmel_hoch_o_engel_kommt/
Das Weihnachtslied „Vom Himmel hoch, o Engel kommt“ wird dem Theologen Friedrich Spee zugeschrieben und ist 1622 erstmals in einem katholischen Gesangbuch erschienen. Es stellt eine Umdichtung des älteren Weihnachtsliedes „Puer natus in Bethlehem“ dar und steht mit diesem in der Tradition des weihnachtlichen „Kindelwiegens“. Nach dem 17. Jahrhundert geriet das Lied in Vergessenheit und wurde erst im ausgehenden 19. Jahrhundert als „geistliches Volkslied“ reanimiert. Vor allem durch die Jugendbewegung fand „Vom Himmel hoch, o Engel kommt“ im 20. Jahrhundert weite Verbreitung und große Popularität, die bis in die Gegenwart andauert. In Kirchengesangbüchern ist das Lied zwar nur vereinzelt enthalten, sehr häufig dagegen in außerkirchlichen Gebrauchs-, Weihnachts- und Schulliederbüchern.
I. Als Autor des Liedes „Vom Himmel hoch, o Engel kommt“ wird der Jesuit, Dichter und Schriftsteller Friedrich Spee (1591–1635) angenommen. Gegenüber Zweifeln an der Urheberschaft von Spee meint Theo van Oorschot: „[…] die Intensität, womit die himmlische Lieblichkeit und Süße der Musik gefordert werden, und die Konzentration auf dieses eine Thema lassen an Spees Verfasserschaft keinen Zweifel aufkommen“ (Spee Arbeitsbuch 2005). Gleichwohl lässt sich eine Verfasserschaft Spees nicht eindeutig belegen. Das Lied „Vom Himmel kompt / o Engel kompt“ ist eine Bearbeitung des damals verbreiteten Weihnachtsliedes „Puer natus in Bethlehem“. Es erschien erstmals 1622 in einem Würzburger Andachtsbuch (Edition A) und ging dann in das von Kölner Jesuiten herausgegebene Gesangbuch „Ausserlesene, catholische, geistliche Kirchengesäng“ (Köln 1623) ein.
II. Als Grundlage seiner Liedschöpfung diente Spee das weihnachtliche Wiegenlied „Puer natus in Bethlehem“ (bzw. „Ein Kind geborn zu Bethlehem“), das damals in vielen verschiedenen Fassungen kursierte. Er übernahm die Strophenstruktur und die refrainartigen Textteile sowie großenteils jene Melodie, mit der „Puer natus“ 1616 in einem Paderborner Gesangbuch erschienen war. Spees Bearbeitung des Liedes liegt in der Neudichtung der strophischen Textzeilen, während er die gleich bleibenden Textelemente – wie „Eia, Eia“ und „Susani, Susani“ – nicht veränderte. Damit steht „Vom Himmel hoch, o Engel kommt“ in der Tradition der seit dem Mittelalter bekannten Weihnachtswiegenlieder (wofür auch das veraltete Wort „Susannine“ gebraucht wurde) und des damit verbundenen Brauchs des so genannten „Kindelwiegens“. Er wurde etwa in Frauenklöstern, im Gottesdienst (bei der Weihnachtsmesse am Tag), teilweise auch als geistliches Spiel mit Dialogen zwischen Maria, Joseph und den Engeln ausgeübt. Dazu hatte man ein meist aus Wachs hergestelltes, schön gekleidetes Christuskind in einer kleinen Wiege („Fatschenkind“), das unter Singen von Weihnachtswiegenliedern gewiegt wurde. Aber anders als im „Puer natus“-Lied, in dem die Menschen den Lobpreis Gottes für die Errettung durch die Menschwerdung Christi singen, legt Spee den Akzent auf die Musik der Engel. Schon im Alten Testament wird als wichtigste Funktion der Engel der gesungene Lobpreis Gottes gesehen, jedoch in der Sphäre des Himmels, vor Gottes Thron; diese Auffassung wurde von der christlichen Kirche übernommen. Spee greift diese Anschauung auf, holt aber die Engel gewissermaßen vom Himmel auf die Erde. Sie sollen herabkommen und an der Krippe zum Lobpreis des Jesuskindes singen und musizieren. Verschiedene Instrumente werden aufgezählt, die von den Engeln mitzubringen sind: Genannt werde Lauten, Harfen, Geigen und Orgel; die Wendung „Kompt pfeifft und trombt“ weist auf Blasinstrumente wie Flöten und Posaunen hin. Mit Hilfe dieses Instrumentariums der Barockzeit soll die „himmlische Musik“ süßer als „aller Vogelgesang“ sein.
III. Spees Weihnachtslied fand im Laufe des 17. Jahrhunderts eine gewisse Verbreitung: Nach den ersten Drucken 1622 und 1623 folgten weitere Veröffentlichungen in katholischen Gesangbüchern, beispielsweise in „Alte und Newe Geistliche Catholische außerlesene Gesäng“ (Würzburg 1630), „Seraphisch Lustgart mit wolriechenden Blumen Catholischer gesäng gezieret…“ (Köln 1635) sowie im „Mäyntzisch Gesangbuch“ (Mainz 1661). Danach ist „Vom Himmel hoch, o Engel kommt“ offenbar weitgehend in Vergessenheit geraten; in kirchlichen Gesangbüchern des 18. und 19. Jahrhunderts ist es nicht mehr enthalten.
IV. Die Wiederentdeckung des Liedes setzte 1864 mit der Sammlung „Geistliche Volkslieder aus alter und neuer Zeit“ von Friedrich Hommel ein (Edition B). Hierbei handelte es sich allerdings nicht um ein Gesangbuch für den Gottesdienst; vielmehr war das Buch des (evangelischen) bayerischen Bezirksgerichtsrats Hommel für die bürgerliche Schicht gedacht, um bei Familienandachten zu singen und zu musizieren (Abb. 1). In der Folge erschien das Lied in einflussreichen und repertoirebildenden Liedsammlungen: 1894 im „Deutschen Liederhort“ von Ludwig Erk und Franz Magnus Böhme, 1906 im „Volksliederbuch für Männerchor“, dem so genannten ‚Kaiserliederbuch‘, und schließlich 1909 im „Zupfgeigenhansl“ (Edition C). Mit dem leicht variierten Textanfang „Vom Himmel hoch, o Englein, kommt!“ übernahm die Jugendbewegung das Lied in ihr Repertoire. Von dort aus fand es große Verbreitung, es wurde in zahlreichen Gebrauchsliederbüchern abgedruckt – nunmehr meist mit dem erstmals im „Zupfgeigenhansl“ enthaltenen „Englein“-Incipit. Den Stellenwert des Liedes in der Jugendbewegung hielt die Schriftstellerin Lily Braun 1915 exemplarisch in ihrem Roman „Lebenssucher“ fest: Sie legte es Wandervögeln in den Mund, die bei einer Sonnwendfeier „Vom Himmel hoch, o Englein, kommt!“ singen.
V. Die Beliebtheit des Liedes in der Jugendbewegung führte auch zu seiner Teilhabe am Wiederbelebungsversuch des ehemaligen Quempassingens: Der Pfarrer Wilhelm Thomas und der Musikwissenschaftler Konrad Ameln, beide dem Finkensteiner Bund eng verbunden, stellten im Jahr 1930 unter dem Titel „Quempas-Heft“ Volks- und Kirchenlieder für die Weihnachtszeit zusammen (Abb. 2), darunter auch „Vom Himmel hoch, o Englein, kommt“. Durch die Jugendbewegung war das Lied vor allem auf evangelischer Seite bekannt geworden, so dass es in der Folge in evangelische Gebrauchsliederbücher und vereinzelt auch in Kirchengesangbücher aufgenommen wurde, beispielsweise in „Der helle Ton. Ein Liederbuch für die deutsche evangelische Jugend“ (2. Aufl. 1935) oder „Gesangbuch für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern“ (1938). In katholischen Gesangbüchern war es erstmals wieder 1938 in „Kirchenlied. Eine Auslese geistlicher Lieder“ vertreten. 1941 erschien das Lied im Liederbuch der mit dem NS-System verbundenen „Deutschen Christen“, wobei das hebräische „Halleluja“ aus antisemitischen Gründen durch die Worte „zu Gottes Lobe fern und nah“ ersetzt wurde (Edition D). Insgesamt nahm die Verbreitung des Liedes in den 1930er Jahren jedoch ab; einschlägige Gebrauchsliederbücher des „Dritten Reiches“ publizierten das Weihnachtslied nur vereinzelt (etwa „Lieder unseres Volkes. Reichsdeutsche Ausgabe“, 1938).
VI. Nach dem Zweiten Weltkrieg kommt es im außerkirchlichen Bereich rasch wieder zu einer umfangreichen Rezeption von „Vom Himmel hoch, o Engel kommt“. Es erscheint in Liederbüchern für Vereine, Schulen, Chöre und konfessionelle Jugendgruppen, ebenso in Weihnachtsliederbüchern; ab 1950 findet es sich ebenfalls verstärkt in Kinderliederbüchern. Zugleich gehört es bei Tonträgern für die Weihnachtszeit zum festen Repertoire. Dagegen ist in Kirchengesangbüchern „Vom Himmel hoch, o Engel kommt“ nur noch vereinzelt vertreten, und zwar lediglich in (regionalen) katholischen Diözesangesangbüchern wie „Sursum corda“ (Erzbistum Paderborn, 1948) und „Magnifikat“ (Erzdiözese Freiburg, 1960). In das für alle deutschsprachigen Bistümer gemeinsame katholische „Gotteslob“ (1975) ist es aber eben so wenig aufgenommen worden wie in das „Evangelische Kirchengesangbuch“ (1950) und das nachfolgende „Evangelische Gesangbuch (ab 1993).
FRAUKE SCHMITZ-GROPENGIESSER
Quellenrecherche: JOHANNA ZIEMANN
(April 2011)
Editionen und Referenzwerke
- Spee-Arbeitsbuch 2005, S. 212–214 (Nr. 55) (Zitat S. 213).
- Erk/Böhme, 1894, Bd. 3, S. 654 (Nr. 1938).
Weiterführende Literatur
- Helmut Loos: Weihnachten in der Musik. Grundzüge der Geschichte weihnachtlicher Musik. Bonn: Gudrun Schröder Verlag [1991]; darin S. 32–34 (Abschnitt „Das Kindelwiegen“).
- Fritz Markmiller: Der Tag der ist so freudenreich. Advent und Weihnachten. Regensburg: Verlag Friedrich Pustet 1981; darin S. 250–259 (Abschnitt „Das Kindelwiegen“).
- Lily Braun: Lebenssucher. München: Albert Langen 1915 (Zitat S. 127).
Quellenübersicht
- Ungedruckte Quellen: kaum Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
- Gedruckte Quellen: sehr häufig in Gebrauchsliederbüchern (20. Jahrhundert), selten in Kirchengesangbüchern, viele sonstige Rezeptionsbelege
- Bild-Quellen: —
- Tondokumente: sehr viele Tonträger (über 130)
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.
© Deutsches Volksliedarchiv
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