Heißa, Kathreinerle

Heißa, Kathreinerle, schnür dir die Schuh,
Schürz dir dein Röckele, gönn dir kein Ruh.
Didl, dudl, dadl, schrum, schrum, schrum,
Geht schon der Hopser rum,
Heißa Kathreinerle, frisch immer zu!

Kinderlieder-CD zum Mitsingen

Kinderlieder – Album 1
Wiebke Hoogklimmer – Altstimme

Dreh wie ein Rädele flink dich im Tanz!
Fliegen die Zöpfele, wirbelt der Kranz.
Didl, dudl, dadl, schrum, schrum, schrum,
Lustig im Kreis herum,
Dreh dich, mein Mädel, im festlichen Glanz.

Heute heißt’s lustig sein, morgen ist’s aus!
Sinket der Lichter Schein, gehn wir nach Haus.
Didl, dudl, dadl, schrum, schrum, schrum,
Morgen mit viel Gebrumm
Fegt die Frau Wirtin den Tanzboden aus.

Text: ursprünglich aus dem Elsaß, unbekannte Umdichtung aus dem 20. Jahrhundert
Melodie: überlieferte Weise der elsässischen Pfeiferzunft ca. 1730

Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Frauke Schmitz-Gropengiesser: Heißa Kathreinerle, schnür‘ dir die Schuh‘ (2013). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon.
http://www.liederlexikon.de/lieder/heissa_kathreinerle_ich_schnuer_dir_die_schuh/

Das Tanzlied „Heißa Kathreinerle“ ist eine Neuschöpfung des 20. Jahrhunderts. Der anonyme Urheber griff dabei auf die Melodie eines älteren Liedes aus dem Elsass zurück („Gügük im Häfele“). Zuerst veröffentlicht wurde „Heißa Kathreinerle“ 1928, eine breitere Rezeption des Liedes setzte jedoch erst Anfang der 1950er Jahre ein. Bis in die Gegenwart findet es sich in zahlreichen Gebrauchsliederbüchern.

I. Das Lied „Heißa Kathreinerle“ erschien erstmals 1928 in der neunten, neu bearbeiteten Auflage des Liederbuchs „Der Spielmann“ (darin im Abschnitt „Tanzlieder“) (Edition B). Herausgeber des „Spielmanns“ war Klemens Neumann (1873–1928), Lehrer im oberschlesischen Neisse und ein Mitbegründer der von der Wandervogel- inspirierten Quickborn-Bewegung. „Heißa Kathreinerle“ ist kein traditionelles Lied, sondern eine vermutlich zeitnah zum Erstdruck entstandene Neuschöpfung unbekannter Urheberschaft, wobei die Melodie (wie „Der Spielmann“ vermerkte) auf eine „Weise aus dem Elsaß“ zurückging. „Heißa Kathreinerle“ ist die Aufforderung an ein junges Mädchen, zum Tanz zu gehen und lustig zu sein. Gehalten ist der Text in einem hybrid-süddeutschen Idiom (s. dazu kritisch Haegele 1984), was in der weiteren Liedrezeption zu entsprechenden Herkunftszuschreibungen führte.

II. Melodisch lehnt sich „Heißa Kathreinerle“ an ein älteres elsässisches Lied an („Gügük im Häfele“), das zuerst in J. B. Weckerlins Sammlung „Chansons populaires de l’Alsace“ (1883) mitgeteilt wurde (Edition A). Im Anschluss ging es in den „Deutschen Liederhort“ ein (Erk/Böhme 1894), der der Wandervogel-Bewegung als sicherlich wichtigste Lieder-Quelle diente. Die ländlerhaft-beschwingte, einer AABA-Form folgende Melodie von „Heißa Kathreinerle“ übernimmt freilich nur den ersten Teil (A) der Weise von „Gügük im Häfele“, der Mittelteil (B) ist neu hinzuerfunden („Didel, dudel, dadel, schrum, schrum, schrum…“). Das Lied „Gügük im Häfele“ soll, so vermutete Weckerlin, auf den jährlichen Zusammenkünften („Pfeifertag“) der elsässischen Pfeiferzunft – einer seit dem Spätmittelalter bestehenden regionalen Berufsinnung von Musikern – in Rappoltsweiler (Ribeauvillé) gesungen worden sein (s. Anmerkung zu Edition A). Da die Pfeiferzunft unmittelbar nach der französischen Revolution aufgelöst wurde (s. Büsemeyer 2003), müsste das Lied demnach aus der Zeit vor 1790 stammen. Im „Deutschen Liederhort“ bezeichnete Franz Magnus Böhme – ebenfalls ohne einen Beleg – die Melodie von „Gügük im Häfele“ gar als „uralt“; angeblich sei sie „seit dem 14. Jahrhundert bis 1730“ auf den Pfeifertagen erklungen (Erk/Böhme 1894).

III. Nach der ersten Veröffentlichung 1928 in „Der Spielmann“ fand „Heißa Kathreinerle“ zunächst nur vereinzelt Aufnahme in andere Liederbücher. In der Zeit des Nationalsozialismus gehörte „Heißa Kathreinerle“ zum Liederkanon des Bundes Deutscher Mädel („Liederbuch des BDM“, 1934; „Wir Mädel singen“, 1937) sowie der HJ („Liederblatt der Hitler-Jugend“, Nr. 101/102: „Lieder aus Elsaß und Lothringen“, 1941). Eine breite Rezeption des Liedes setzte zu Beginn der 1950er Jahre ein. Seither ist es vielfach in Schul-, Jugend- und allgemeinen Gebrauchsliederbüchern, in jüngerer Vergangenheit verstärkt auch in Kinderliederbüchern veröffentlicht worden. Die Sammlung „Das Volkslied im Elsass“ von Joseph Leeftz (1969) enthält eine kurz nach dem Zweiten Weltkrieg aus der mündlichen Singpraxis aufgezeichnete, leicht variante Textfassung von „Heißa Kathreinerle“ (Edition C).

FRAUKE SCHMITZ-GROPENGIESSER
Quellenrecherche: JOHANNA ZIEMANN
(Januar 2013)

Literatur

  • Peter Haegele: Heißa Kathreinerle – ein Volkslied? In: Der Heimatpfleger. Zeitschrift für Volkstanz, Volksmusik, Brauchtum und Heimatpflege 1 (1984), Nr. 2, S. 12f.

Editionen und Referenzwerke

Weiterführende Literatur

  • Hartwig Büsemeyer: Das Königreich der Spielleute. Organisation und Lebenssituation elsässischer Spielleute zwischen Spätmittelalter und französischer Revolution. Reichelsheim 2003.

Quellenübersicht

  • Ungedruckte Quellen: kaum Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: sehr häufig in Gebrauchsliederbüchern, etliche sonstige Rezeptionsbelege
  • Bild-Quellen: einige Illustrationen in Kinderliederbüchern
  • Tondokumente: viele Tonträger

Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.

© Deutsches Volksliedarchiv

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