Lobe den Herren

Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren,
Meine geliebete Seele, das ist mein Begehren.
Kommet zuhauf, Psalter und Harfe wacht auf,
Lasset den Lobgesang hören!

Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret,
Der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet,
Der dich erhält, wie es dir selber gefällt;
Hast du nicht dieses verspüret?

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Wiebke Hoogklimmer – Altstimme

Lobe den Herren, der künstlich und fein dich bereitet,
Der dir Gesundheit verliehen, dich freundlich geleitet.
In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott
Über dir Flügel gebreitet!

Lobe den Herren, der deinen Stand sichtbar gesegnet,
Der aus dem Himmel mit Strömen der Liebe geregnet.
Denke daran, was der Allmächtige kann,
Der dir mit Liebe begegnet.

Lobe den Herren, was in mir ist, lobe den Namen.
Alles, was Odem hat, lobe mit Abrahams Samen.
Er ist dein Licht, Seele, vergiß es ja nicht.
Lobende, schließe mit Amen.

Text: Joachim Neander 1680 – (1650–1680)
Melodie: Stralsund 1665 / Halle 1741

Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Michael Fischer: Lobe den Herren, den mächtigen König (2005). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon.
http://www.liederlexikon.de/lieder/lobe_den_herren_den_maechtigen_koenig/

„Lobe den Herren, den mächtigen König“ gehört konfessionsübergreifend zu den bekanntesten Kirchenliedern der Gegenwart. Sein Ursprung liegt im 17. Jahrhundert: Verfasst hat es der reformierte Theologe, Lieddichter und -komponist Joachim Neander (1650–1680) als Lied zu Psalm 103.

I. Neander zählt zu den bedeutendsten Lieddichtern des reformierten Pietismus. 1680 hat er in Bremen seine „Glaub- und Liebesübung“ veröffentlicht, die „Bundes-Lieder und Danck-Psalmen“ enthält, darunter auch „Lobe den Herren“ (Edition A). Bestimmt waren diese Lieder zunächst nicht für den Gottesdienst, sondern sie sollten – wie es im Titel ausdrücklich heißt – „auff Reisen / zu Hauß oder bei Christen-Ergetzungen im Grünen“ gelesen oder gesungen werden. Beigegeben ist dem Erstdruck eine ariose Weise im Dreier-Metrum mit Generalbass-Stimme. Grundlage dieser Melodie ist das geistliche Lied „Hast du denn, Jesu, dein Angesicht“, auf das Neander ausdrücklich verweist (es geht auf ein weltliches Lied zurück). Die heutige Melodiefassung ist das Ergebnis eines Umbildungsprozesses, der noch im 17. Jahrhundert einsetzt und erst Mitte des 18. Jahrhunderts abgeschlossen ist.

II. Durch Nachdrucke der „Glaub- und Liebesübung“ – in Dutzenden von Auflagen – gelangten die von Neander geschaffenen Lieder zunächst in reformierte, dann in pietistische und lutherische Gesangbücher. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts gehört das Lied zum evangelischen Kernbestand der Loblieder. Im Zeitalter der Aufklärung wurde es von verschiedenen Autoren in sprachlicher und theologischer Hinsicht revidiert (Edition B und Edition C). Insbesondere wurde in Strophe 5 die anstößige Formulierung „Abrahams Samen“ (Ps 105,6) – welche auf die Christen als die neuen Kinder Israels anspielt – getilgt.

III. Die breite und langanhaltende Rezeption des Liedes vom Barock bis in die Gegenwart bezeugen auch zahlreiche musikalische Bearbeitungen – sei es als Kantate (Johann Sebastian Bach, Friedrich Zipp), als Orgelbearbeitung (Johann Gottfried Walther, Sigrid Karg-Elert) oder als Choralmotette (Hugo Distler). In parodistischer Form wurde der Neander-Choral von Bertolt Brecht umgestaltet („Großer Dankchoral“) und von Kurt Weill in das „Berliner Requiem“ (1929) integriert.

IV. Schon früh ist das Lied in nichtkirchlichen Gebrauchsliederbüchern enthalten, etwa im Ersten Teil der Sammlung „Auswahl deutscher Lieder“ (Leipzig 1830). Dort sind patriotische Gesänge und „Festgesänge für Siegestage“ abgedruckt. Neben „Ein feste Burg ist unser Gott“ und „Nun danket alle Gott“ gehört das Neander-Lied zu denjenigen geistlichen Gesängen, die besonders oft und intensiv national vereinnahmt wurden. In Ludwig Erks „Volksgesangbuch“ von 1868 stehen diese drei Lieder nicht zufällig beisammen. Im „Deutschen Liederhort“ von Erk und Franz Magnus Böhme (Leipzig 1894) ist zu lesen, dass das Lied „1892 bei der Grundsteinlegung zum Kaiserdenkmal auf dem Kyffhäuser und bei anderen öffentlichen Dankfesten gesungen“ worden sei.

V. Die katholische Rezeption setzt erst im 20. Jahrhundert ein. Ausgangspunkt für die Kanonisierung war die Sammlung „Kirchenlied“ von 1938. Die dort abgedruckte vierstrophige Fassung wurde 1975 mit leichten Veränderungen in das katholische Einheitsgesangbuch „Gotteslob“ übernommen (Edition D). Auch über die Grenzen der christlichen Konfessionen hinweg stieß das Lied auf Resonanz, etwa in einem Freimaurer-Liederbuch (Lübeck 1926) in der Rubrik „Dem allmächtigen Baumeister aller Welten“.

MICHAEL FISCHER
(Juni 2005)

Literatur

  • Jürgen Henkys: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren. In: Geistliches Wunderhorn. Große deutsche Kirchenlieder. Hrsg., vorgestellt und erläutert von Hansjakob Becker u.a. München 2001, S. 310–319.
  • Britta Martini: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren. In: Ökumenischer Liederkommentar zum Katholischen, Reformierten und Christkatholischen Gesangbuch der Schweiz. Zürich 2001ff. (o. P.).
  • Britta Martini: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren. Einige sprachwissenschaftliche Aspekte der Textanalyse. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 38 (1999), S. 242–252.
  • Reinhard Deichgräber, Martin Blindow: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren. In: Handbuch zum Evangelischen Gesangbuch. Liederkunde. Zweiter Teil. Göttingen 1990, S. 153–156.
  • Siegfried Fornaçon: Lobe den Herren, den mächtigen König. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 2 (1956), S. 130–132 [zur Herkunft der Melodie].

Editionen und Referenzwerke

  • Erk/Böhme 1894, Bd. 3, S. 695 (Nr. 1988).
  • Zahn 1889, Bd. 1, S. 511f. (Nr. 1912a-d).

Weiterführende Literatur

  • Michael Fischer: Art. „Neander, Joachim“. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Zweite, neubearb. Ausgabe hrsg. von Ludwig Finscher. Personenteil 12. Kassel 2004, Sp. 948–950.

Quellenübersicht

  • Ungedruckte Quellen: keine Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: sehr häufig in Gebrauchsliederbüchern, überaus häufig in Kirchengesangbüchern, viele sonstige Rezeptionsbelege
  • Bild-Quellen: —
  • Tondokumente: sehr viele Tonträger

Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Darüber hinaus wurden auch die Bestände des Gesangbucharchivs Mainz sowie (hinsichtlich der Tonträger) des Deutschen Musikarchivs Berlin miteinbezogen.

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