Das Wandern ist des Müllers Lust

Das Wandern ist des Müllers Lust,
das Wandern ist des Müllers Lust,
das Wandern!
Das muß ein schlechter Müller sein,
dem niemals fiel das Wandern ein,
dem niemals fiel das Wandern ein,
das Wandern.
Das Wandern, das Wandern,
das Wandern, das Wandern, das Wandern.

Vom Wasser haben wir’s gelernt,
vom Wasser haben wir’s gelernt,
vom Wasser!
Das hat nicht Rast bei Tag und Nacht,
ist stets auf Wanderschaft bedacht,
ist stets auf Wanderschaft bedacht,
das Wasser.
Das Wasser, das Wasser,
das Wasser, das Wasser, das Wasser.

Kinderlieder-CD zum Mitsingen

Kinderlieder – Album 1
Wiebke Hoogklimmer – Altstimme

Das sehn wir auch den Rädern ab,
das sehn wir auch den Rädern ab,
den Rädern!
Die gar nicht gerne stille stehn,
und sich mein Tag nicht müde drehn,
und sich mein Tag nicht müde drehn,
die Räder.
Die Räder, die Räder,
die Räder, die Räder, die Räder.

Die Steine selbst, so schwer sie sind,
die Steine selbst, so schwer sie sind,
die Steine!
Sie tanzen mit den muntern Reihn
und wollen gar noch schneller sein,
und wollen gar noch schneller sein,
die Steine.
Die Steine, die Steine,
die Steine, die Steine, die Steine.

O Wandern, Wandern, meine Lust,
o Wandern, Wandern, meine Lust,
o Wandern!
Herr Meister und Frau Meisterin,
laßt mich in Frieden weiterziehn,
laßt mich in Frieden weiterziehn,
und wandern.
Und wandern, und wandern,
und wandern, und wandern, und wandern.

Text: Wilhelm Müller 1818 – (1794-1827) aus dem Gedichtzyklus „Die schöne Müllerin“
Melodie: Carl Friedrich Zöllner 1844 – (1800-1860) ist der Komponist der populären Melodie.
Als Kunstlied vertonte das Gedicht Franz Schubert 1823 – (1797-1828), „Die schöne Müllerin“, op. 25 Nr. 1

Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Frauke Schmitz-Gropengiesser: Das Wandern ist des Müllers Lust (2009). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. http://www.liederlexikon.de/lieder/das_wandern_ist_des_muellers_lust/

Das Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust“ ist eines der bekanntesten und beliebtesten Wanderlieder. Sein Text ist Teil des um 1818 entstandenen Gedichtzyklus‘ „Die schöne Müllerin“ von Wilhelm Müller, der damit die in der Romantik beliebte Thematik der unglücklichen Liebe eines Müllergesellen zu einer schönen Müllerstochter aufgriff. Nachdem Franz Schubert „Die Schöne Müllerin“ (1823) komponiert hatte, vertonte auch Carl Friedrich Zöllner „Das Wandern ist des Müllers Lust“ (1844) als einen Männerchorsatz, der die Grundlage für die Melodie des bis heute populären Wanderliedes bildet.

I. „Das Wandern ist des Müllers Lust“ ist das Lied eines Müllergesellen, der auf Wanderschaft geht, wobei das Wandern insofern mit der Mühle in Beziehung gesetzt wird, als das unaufhörliche Drehen der Mühlenräder und der ständige Fluss des Wassers zum Wandern inspirieren. Verfasst hat das fünfstrophige Gedicht im Jahr 1818 der Dessauer Dichter, Literaturkritiker und Gymnasiallehrer Wilhelm Müller (1794–1827). Im selben Jahr wurde es zunächst als einzelner Text in den von Friedrich Wilhelm Gubitz herausgegebenen „Gaben der Milde“ abgedruckt (Edition A). Seit 1816 verfasste Wilhelm Müller über mehrere Jahre Texte, die er zu einer abgeschlossenen Erzählung in Gedichtform, die er „Die schöne Müllerin“ nannte, zusammenfasste und 1821 in Dessau als Bestandteil der „Sieben und siebzig Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten“ veröffentlichte.

II. Seit dem späten 18. Jahrhundert lässt sich eine besondere Vorliebe für Müllerinnenlieder feststellen. Nicht nur Wilhelm Müller, sondern auch Goethe, Brentano, Kerner, Eichendorff u. a. befassten sich damit. Auslöser dafür war die Oper „La Molinara“ von Giovanni Paisiello (1788), die, in deutscher Übersetzung bald nach Deutschland gekommen und häufig aufgeführt, eine regelrechte Müllerinnenbegeisterung in Gang setzte. Die Mühle und die schöne Müllerstochter sind Sujets, die in der Romantik weit verbreitet waren. Mit der Mühle und dem als romantisch empfundenen Müllerleben eng verbunden war die Vorstellung einer romantisch verklärten, ursprünglichen Natur, die man sich – selbstverständlich – erwanderte und die einen wohltuenden Gegensatz zum städtischen Leben mit seiner beginnenden Industrialisierung darstellte. Von „La Molinara“ ließ sich ein Kreis junger Dichterinnen und Dichtern, darunter Luise Hensel, um den Geheimen Staatsrat von Staegemann inspirieren, die sich im Winter 1816/1817 in dessen Berliner Wohnung trafen und ein Liederspiel mit dem Titel „Rose, die schöne Müllerin“ verfassten. Der Komponist Ludwig Berger übernahm die Vertonung. Auch Wilhelm Müller war daran beteiligt und dichtete ein paar Texte für das Spiel. Das Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust“ war aber noch nicht darunter, sondern entstand etwas später: im Jahr 1818. Müllers Zyklus „Die schöne Müllerin“ besteht aus 25 Gedichten inklusive Prolog und Epilog. „Das Wandern ist des Müllers Lust“ stellt gleich nach dem Prolog den Beginn des Dramas dar, bei dem der Müllergeselle Meister und Meisterin verlässt. Die Erzählung handelt von der unerfüllten Liebe eines Müllergesellen zu einer schönen Müllerstochter. Verzweifelt darüber, dass die Müllerin den Jäger bevorzugt, ertränkt sich der Müllergeselle im Bach. In diesem „Monodram“ ist der „Monodramist“, wie Müller es im Prolog nennt, der unglückliche Müllergeselle, der in Ichform von seinen Empfindungen erzählt. Vermutlich hat Wilhelm Müller darin seine eigenen Gefühle seiner unerwiderten Liebe zu der Dichterin Luise Hensel (1798–1876) ausgedrückt.

III. Den Zyklus „Die schöne Müllerin“ mit „Das Wandern ist des Müllers Lust“ als erstem Lied komponierte 1823 zunächst Franz Schubert als Klavierlied (Edition B). Ein Hinweis auf Schuberts Lied findet sich zwar gelegentlich in Liederbüchern des 19. Jahrhunderts (z. B. Gesanges-Album Leipzig 1860), hat sich jedoch nicht allgemein durchsetzen können. Volkstümlich dagegen wurde die Melodie des Komponisten, Gesangslehrers und Chorleiters Carl Friedrich Zöllner (1800–1860). Im Jahr 1844 gab er sechs von ihm vertonte Lieder aus der „Schönen Müllerin“ für vierstimmigen Männerchor heraus, darunter „Das Wandern ist des Müllers Lust“ (Edition C). Zöllner engagierte sich an einem eigenen privaten Musikinstitut in Leipzig für den Männerchorgesang und spielte durch die Gründung zahlreicher Singvereine, so genannter „Zöllnervereine“, eine wichtige Rolle für die Pflege des Chorgesangs in Singvereinen. Noch heute gibt es eine Singvereinigung, die sich auf ihn bezieht, den „Zöllner-Männerchor Bernburg“ in Sachsen-Anhalt.

IV. Schon kurz nach seiner Veröffentlichung gehörte „Das Wandern ist des Müllers Lust“ ab Mitte des 19. Jahrhunderts in einer musikalisch vereinfachten Form zu den beliebten Liedern in Gebrauchsliederbüchern (Edition D). Seitdem hält seine breite Rezeption an. Es fehlt in fast keinem Wanderliederbuch, in „Volkslieder“-büchern ist es sehr häufig vertreten und als Postkartenmotiv war „Das Wandern ist des Müllers Lust“ ebenfalls beliebt (Abb. 1). Auch in modernen Liederbüchern wie „Songs & Lieder“ (1991) ist es neben „Kuschelrock und Folksongs aus Amerika“ im Abschnitt „Nicht nur für Wanderer und Jäger“ vertreten. Dass aber die Beliebtheit des Liedes bereits im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts auch als störender Inbegriff fröhlich-laut singender Wandergruppen (den „Wahaha’s“) empfunden wurde, berichtet ein Zeitschriftenartikel aus dem Jahr 1925: „Man erkennt die Wahaha zwei Kilometer weit an ihrem Kriegsgesang: Das Wandern ist des Müllers Lust. Sie singen nur dies eine Lied. Aber während der Müllerdichter nur drei Strophen in einen Vers schmiedete: Das Wandern ist des Müllers Lust…, brüllt der Wahaha hinter jedem Vers seinen furchtbaren Gesang. Das Waha Ha Waha Waha Ha / das Waha Ha Waha Waha Ha / das Wa haaandern das Waaa haandern. …nach 10 Uhr morgens gibt’s keinen anderen Gesang, die Vögel singen nicht mehr mit. Ich habe beobachtet, dass sogar die Krähen sonntags nach 10 Uhr sich verziehen. Die Wahaha zerstören jedes Mittagessen, jede Schlummerstunde und jeden Kaffee, sie schreien bis in die Nacht, wenn der Kauz schon da ist oder da sein sollte, denn meistens nimmt auch der Reißaus“ (Zippmann 1925).

V. Wegen seiner allgemeinen Bekanntheit wurde „Das Wandern ist des Müllers Lust“ gern als Grundlage für Umdichtungen und Parodien benutzt, beispielsweise für die Lieder „Das Turnen, das uns Jahn gelehrt“ (Deutsches Turn-Liederbuch, Berlin ca. 1913) und „Das Rudern, das ist unsre Lust!“ (Des Ruderers schönste Lieder, Breslau ca. 1900). Auch für die komische Darstellung der Mühen der Körperertüchtigung wurde die Melodie verwendet. So heißt es in einem Liedertext für eine Revue aus dem Jahr 1927: „Wenn morgens früh der Wecker ruft, der Wecker, / dann zieht’s empor mich mit Gewalt, / mir schlank zu halten die Gestalt / mit Turnen“ (Beckmann 1927). Ebenfalls wird „Das Wandern ist des Müllers Lust“ für Lieder mit Schüttelreimen, zum Beispiel „Jung Siegfried trank mit Hagen Saft, dann rülpsten beide sagenhaft, beim Wandern…“ (Millowitsch 1974), sowie politische Parodien verwendet, beispielsweise mit dem Incipit „Das Wundern ist des Wählers Lust“ von Dieter Höss (Edition E). In einer besonders zynischen Weise wurde „Das Wandern ist des Müllers Lust“ 1933 benutzt, als zur Begleitung einer Prangerfahrt von verhafteten Sozialdemokraten in Karlsruhe eine Polizeikapelle dieses Lied unaufhörlich spielte und durch das Verteilen von Handzetteln die Zuschauer zum Mitsingen aufgefordert wurden (Abb. 2).

FRAUKE SCHMITZ-GROPENGIESSER
(Mai 2009)

Editionen und Referenzwerke

Weiterführende Literatur

  • Erika von Borries: Wilhelm Müller. Der Dichter der „Winterreise“. Eine Biographie. München: C. H. Beck 2007.
  • Susan Youens: Schubert, Müller, and Die schöne Müllerin. Cambridge: Cambridge Univ. Press 1997.
  • Susan Youens: Schubert: Die schöne Müllerin. Cambridge: Cambridge Univ. Press 1992.
  • Roswitha Schieb: „Die schöne Müllerin“ und „Die Winterreise“. Möglichkeiten und Grenzen romantischen Sprechens. In: Wilhelm Müller. Eine Lebensreise. Zum 200. Geburtstag des Dichters, hrsg. von Norbert Michels. Weimar: Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger 1994, S. 57–69.
  • Günther Hartung: Wilhelm Müller und das deutsche Volkslied. In: Weimarer Beiträge. Zeitschrift für Literaturwissenschaft, Ästhetik und Kulturtheorie 5 (1977), S. 46–85.
  • Willy Millowitsch (Hrsg.): Thekenlieder. Wir sind alle kleine Sünderlein. Bad Godesberg: Voggenreiter-Verlag 1974 (Zitat S. 46).
  • Rudolf Hänsch: Der Liedermeister Carl Friedrich Zöllner (1800–1860). Dresden 1927.
  • Paul Beckmann: Liedertexte aus der Revue Rostock einst und jetzt. O. O. 1927 (Zitat S. 6).
  • Ernst Richard Zippmann: Der Einzug der Wahaha. In: Altvaterbote. Monatsschrift für die deutsche Schutzarbeit in Mähren und Schlesien 2 (1925), S. 118.

Quellenübersicht

  • Ungedruckte Quellen: vergleichsweise wenige Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: überaus häufig in Gebrauchsliederbüchern, verschiedentlich auf Flugschriften, viele sonstige Rezeptionsbelege
  • Bild-Quellen: öfters auf Liedpostkarten
  • Tondokumente: sehr viele Tonträger

Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Berlin) miteinbezogen.

© Deutsches Volksliedarchiv

weitere Wander- und Reiselieder