Du, du liegst mir im Herzen,
du, du liegst mir im Sinn.
Du, du machst mir viel Schmerzen,
weißt nicht, wie gut ich dir bin.
Ja, ja, ja, ja, weißt nicht wie gut ich dir bin.
So, so wie ich dich liebe,
so, so liebe auch mich!
Die, die zärtlichsten Triebe
fühle ich ewig für dich!*
Ja, ja, ja, ja, fühle ich ewig für dich!*
*oder: „fühl‘ ich allein nur für dich!“
Kinderlieder – Album 1
Wiebke Hoogklimmer – Altstimme
Doch, doch darf ich dir trauen,
dir, dir mit leichtem Sinn?
Du, du kannst auf mich bauen,
weißt ja, wie gut ich dir bin.
Ja, ja, ja, ja, weißt ja wie gut ich dir bin!
Und, und wenn in der Ferne,
mir, mir dein Bild* erscheint,
dann, dann wünsch ich so gerne
daß uns die Liebe vereint.
Ja, ja, ja, ja, daß uns die Liebe vereint.
*oder: Herz
Text und Melodie: unbekannt um 1820
Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Frauke Schmitz-Gropengiesser: Du, du liegst mir im Herzen (2009). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon.
http://www.liederlexikon.de/lieder/du_du_liegst_mir_am_herzen/
Das Liebeslied „Du, du liegst mir im Herzen“ ist in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entstanden. Herkunft und Urheber von Text und Melodie sind nicht bekannt. In den 1830er Jahren kursierte das Lied in gedruckter und mündlicher Überlieferung in verschiedensten Versionen, bevor es durch Liederbücher in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend standardisiert wurde. Gleichzeitig erlangte „Du, du liegst mir im Herzen“ rasch auch internationale Verbreitung, die verschiedene Übersetzungen in andere Sprachen nach sich zog. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde das Lied in Deutschland ausgesprochen breit rezipiert, von da an nahm die Popularität von „Du, du liegst mir im Herzen“ mit seiner nunmehr als altmodisch empfundenen Sprache ab.
I. Erstmals belegt ist „Du, du liegst mir im Herzen“ in einem vermutlich 1821 erschienenen Berliner Druck mit zwei Bühnenliedern, die in einer Inszenierung des seinerzeit populären Lustspiels „Das Räuschgen“ von Christoph Friedrich Bretzner (1748–1810) gesungen wurden (Edition A). Die damals bekannte Schauspielerin Amalie Neumann (1800–1884) ist als Interpretin auf dem Titelblatt eigens genannt. Ob es sich dabei um ein speziell für sie geschaffenes Auftrittslied handelt, bleibt unklar. Der Notendruck führt lediglich „A. Freund“ als Bearbeiter der Klavierfassung auf, nicht jedoch den Urheber. Die frühesten Publikationen des Textes in Gebrauchsliederbüchern stammen aus dem Jahr 1827 (Edition B). Weitere Lieddrucke folgten in kurzen Abständen: 1828 zwei Veröffentlichungen mit Melodie (Edition C) und 1829 eine Bearbeitung von Karl Pax (1802–1869) für vierstimmigen Männerchor (Edition D). Auch auf Flugschriften ist „Du, du liegst mir im Herzen“ vielfach vertreten, die früheste datierbare stammt aus dem Jahr 1828. Publiziert wurde das Lied zu einem großen Teil in Süddeutschland (Württemberg und Bayern) – möglicherweise ein Hinweis darauf, dass es dort seinen Ursprung hat. Multiplikatoren des Liedes waren unter anderem Tiroler Sängergesellschaften; so berichtet etwa Johann Peter Eckermann, dass die Gebrüder Leo im Juni 1828 Johann Wolfgang von Goethe „Du, du liegst mir am Herzen“ vorgesungen haben.
II. Der Liedtext formuliert die Unsicherheit des Verliebtseins, wenn man sich nach der bzw. dem Anderen sehnt, aber nicht weiß, ob die eigene Liebe erwidert wird. Gelegentlich eingefügte Überschriften geben dem Lied durchaus unterschiedliche inhaltliche Akzente: „Liebesklage“, „Sehnsucht“, „Der Einzigen“, „Treue Liebe“, „Ständchen“, „Abschieds-Lied“ u. a. Das Lied geht mit einer Rührseligkeit einher, die schon damals nicht immer ganz ernst genommen wurde: Frühe Parodien lassen darauf schließen, dass der gefühlvolle Text offenbar von Anfang an als übertrieben sentimental empfunden wurde. Eine dieser Publikationen trägt etwa den Titel „Posse“ und weist eine zusätzliche Strophe auf, in der auf die „zärtlichen Triebe“ in eindeutiger Weise angespielt wird: „Dich, dich will ich nun lieben, / dich, dich hab ich nun gern; / ich, ich folge den Trieben, / die wirst du sicher gewährn“ (Sammlung neuer beliebter Lieder, 1828/29). Derbere Parodien werden um 1830 in Flugschriften verbreitet (Edition E), und der Satiriker Adolf Glaßbrenner legte 1843 eine beliebte Verballhornung von „Du, du liegst mir im Herzen“ einem Berliner Fuhrmann in den Mund (Edition F).
III. Die Bearbeitung des Liedes von Karl Pax (Edition D) wird bald nach ihrer Veröffentlichung die einflussreichste Version, die auch in prominente Liederbücher wie Finks „Musikalischen Hausschatz“ (1843) Eingang findet (Edition G). Mit nunmehr konstant bleibendem Text erlebt „Du, du liegst mir im Herzen“ einen regelrechten Boom, der bis zum Ersten Weltkrieg anhält. In diese Zeit fällt die größte Beliebtheit des Liedes, wobei sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts jene melodische Version durchsetzte, die der „Volkslied“-Sammler und -Publizist Ludwig Erk 1868 in seiner „Germania“ veröffentlichte und die noch heute bekannt ist (Edition G). Das sentimentale Liebeslied entfaltete eine breitgestreute Rezeption, in Männergesangvereinen ebenso wie im studentischen Milieu, wo es in prominenten Liederbüchern wie dem „Allgemeinen Deutschen Commersbuch“ (Lahr, ab 1858) vertreten ist. Auch in Quodlibets und Potpourris (z. B. „Jung Heidelberg. Potpourri über beliebteste Studentenlieder“ von Richard Eilenberg, op. 250) wurde „Du, du liegst mir im Herzen“ zum geselligen Singen und Musizieren (nicht nur in Studentenkreisen) gerne herangezogen. Die eingängige Melodie hat verschiedentlich auch kompositorische Bearbeitungen inspiriert: z. B. „XII leichte Variationen für das Pianoforte über den beliebten Gesang ‚Du, du, liegst mir im Herzen'“ op. 3 von Matthias Waldhoer (1795–1833) oder die „Variations brillantes sur un air allemand ‚Du, du liegst mir am Herzen'“ op. 22 für Flöte mit Orchester- oder Klavierbegleitung [ca. 1850] des Flötenbauers und Komponisten Theobald Böhm (1794–1881). Begünstigt von der leicht einprägsamen Melodie reizte der sentimentale Text weiterhin zur Verulkung, etwa in Kombination mit dem ähnlich populären (und karikierten) Lied „Wir winden dir den Jungfernkranz“ (Edition I). Ab der Zeit der Jahrhundertwende fand „Du, du liegst mit im Herzen“ auch auf Liedpostkarten weite Verbreitung, häufig in ganzen Serien, bei denen jeweils eine Strophe des Liedtextes pro Postkarte mit einer stets etwas veränderten Abbildung – meist eines Liebespaars – erscheint. Der Stil dieser Liedpostkarten reichte von bürgerlicher „Sittsamkeit“ bis hin zu Andeutungen körperlicher Nähe (Abb. 1).
IV. Früh setzte auch die internationale Verbreitung von „Du, du liegst mir im Herzen“ ein. Schon vor 1850 findet man es in den Niederlanden als „Gij, gij, ligt mij aan ‚t harte“ (Edition J), in England als „Here, here deep in my bosom“ oder „Thou, thou liv’st in this true heart“, in den USA als „Am I not fondly thine own“ oder „Thou, thou reign’st in this bosom“ (Edition K). Im Jahr 1837 erschien das letztgenannte Lied beispielsweise auf dem Programm von Niblo’s Garden, einer Music Hall in New York (Hadamer 2001). Auch in der deutschen Fassung wurde das Lied in den USA verbreitet: Reisende Sänger traten damit in verschiedenen Städten auf, zum Beispiel die damals berühmte „Tyrolese Family Rainer“, die „Du, Du Ligst Mir Im Herzen. – Thou, thou reign’st in this bosom“ als Quartett im Programm hatte, etwa bei ihrem Konzert am 9. September 1840 in Boston (Nathan 1946). Rasch entstanden auch Parodien, wie 1845 die Lied-Travestie „Do, do like Mrs. Jackson“, deren Anfang lautmalerisch auf „Du, du liegst mir im Herzen“ anspielt (Edition L); und in Minstrelshows tauchte um 1843 eine Version mit dem Incipit „Am I not fond of saft corn“ auf, die wiederum die amerikanische Liedfassung „Am I not fondly thine own“ parodierte. Gleichzeitig wurde die Melodie für neue geistliche Lieder wie „Soft Music“ von Mary Dana Shindler (1810–1883) verwendet, welches die Dichterin 1841 in der von ihr herausgegebenen Sammlung „The Southern Harp: Consisting of Sacred and Moral Songs. Adapted to the Most Popular Melodies“ veröffentlichte (Hadamer 2001). Zudem befand sich „Du, du liegst mir im Herzen“ im Repertoire zahlreicher deutscher Auswanderer, von Pennsylvania (USA) über Australien bis in die osteuropäischen Siedlungsgebiete in Polen, Böhmen, Ungarn oder Russland.
V. Nach dem Ersten Weltkrieg lässt die Rezeption von „Du, du liegst mir im Herzen“ deutlich nach. Die Jugendbewegung fand an solchen Liedern keinen Gefallen mehr, in der NS-Zeit ist es nur noch sehr selten in Liederbüchern vertreten. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg setzt nun wieder eine breitere Rezeption ein, wobei auffällt, dass sich „Du, du liegst mir im Herzen“ nach 1945 weit häufiger auf Tonträgern als in Liederbüchern findet. Weiterhin wird es gern in Potpourris und Quodlibets verwendet, und auch für Parodien ist das Lied bis in die jüngste Zeit ein dankbares Objekt.
FRAUKE SCHMITZ-GROPENGIESSER
(Oktober 2009)
Literatur
- Armin Hadamer: „German Melodies in American Songs“. Beispiele populärer Revival-Lieder der USA mit Wurzeln im deutschsprachigen Kulturraum. In: Beiträge zur Popularmusikforschung 27/28, hrsg. von Thomas Phleps: Populäre Musik im kulturwissenschaftlichen Diskurs 2. Karben: COD 2001, S. 119–136 (hier S. 127–129).
Editionen und Referenzwerke
- Hadamer 2008, S. 371 (sowie 53, 82f., 160, 162, 297).
- Fuld 1966, S. 207.
- Hoffmann/Prahl 1900, S. 63 (Nr. 293).
- Erk/Böhme 1894, Bd. 2, S. 404 (Nr. 578).
Weiterführende Literatur
- Hans Nathan: The Tyrolese Family Rainer, and the Vogue of Singing Mountain-Troupes in Europe and America. In: The Musical Quarterly 32 (1946), S. 63–79 (Zitat S. 73).
- Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. 1823–1832. Leipzig: F. A. Brockhaus 1836, 2. Teil (Zitat S. 3).
Quellenübersicht
- Ungedruckte Quellen: zahlreiche Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
- Gedruckte Quellen: häufig auf Flugschriften, überaus häufig in Gebrauchsliederbüchern, viele sonstige Rezeptionsbelege
- Bild-Quellen: häufig auf Liedpostkarten
- Tondokumente: sehr viele Tonträger
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Berlin) miteinbezogen.
© Deutsches Volksliedarchiv
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