Ein Männlein steht im Walde (Das Männlein im Walde)

Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm,
es hat von lauter Purpur ein Mäntlein um.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
das da steht im Wald allein
mit dem purpurroten Mäntelein?

Kinderlieder-CD zum Mitsingen

Kinderlieder – Album 1
Wiebke Hoogklimmer – Altstimme

Das Männlein steht im Walde auf einem Bein
und hat auf seinem Haupte schwarz Käpplein klein.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
das da steht im Wald allein
mit dem kleinen schwarzen Käppelein?

gesprochen:
Das Männlein dort auf einem Bein
mit seinem roten Mäntelein
und seinem schwarzen Käppelein
kann nur die Hagebutte sein!

Text: Hoffmann von Fallersleben 1843 – (1798-1874)
Melodie: vom Niederrhein um 1800, von Engelbert Humperdinck (1854-1921) in seiner Oper „Hänsel und Gretel“ verwendet

Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Tobias Widmaier: Ein Männlein steht im Walde (2012). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon.
http://www.liederlexikon.de/lieder/ein_maennlein_steht_im_walde/

Das Antwort auf eine Rätselfrage heischende Kinderlied „Ein Männlein steht im Walde“ wurde 1843 von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben geschrieben. Die breite Bekanntheit des Liedes ist nicht zuletzt auf seine Verwendung in Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“ (1893) zurückzuführen.

I. Der Germanist und Dichter des Deutschlandliedes August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) hat eine große Zahl, zum Teil noch heute viel gesungener Kinderlieder geschrieben (Alle Vögel sind schon da, Kuckuck, Kuckuck, ruft aus dem Wald). Nach dem Erfolg seiner Sammlung „Funfzig Kinderlieder“ (Leipzig 1843) schuf er im Dezember des gleichen Jahres ein weiteres halbes Hundert Kinderlieder (erschienen als „Funfzig neue Kinderlieder“, Mannheim 1845), darunter auch „Ein Männlein steht im Walde“, für das er eine ihm bekannte „Volksweise“ als Melodie übernahm (Edition A).

II. „Ein Männlein steht im Walde“ ist eines von mehreren Rätselliedern in Hoffmanns zweiter Kinderlieder-Sammlung. Die Sänger oder Zuhörer werden nach der Identität eines „kleinen Männleins“ mit „purpurrotem Mäntelein“ und „schwarzem Käppelein“ befragt, das auf einem Bein „im Wald allein“ steht. Eine Lösung des Rätsels gibt der Autor im Lied selbst nicht. Erst in einer späteren Veröffentlichung („Die vier Jahreszeiten. Vier Kinder-Gesangfeste“, Berlin 1860) fügte Hoffmann von Fallersleben dem Lied die geforderte Antwort in gesprochenen Versen hinzu („Das Männlein dort auf Einem Bein […] kann nur die Hagebutte sein!“) (Edition B). Diese nachgeschobene Lösung ist in der Folge nur von wenigen Liederbüchern übernommen worden. Wohl auch deshalb wurde das „Männlein im Walde“ vielfach fälschlich als (Fliegen-)Pilz identifiziert (Abb. 1).

III. In Liederbüchern der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist „Ein Männlein steht im Walde“ nur relativ selten belegt (z. B. H. W. Storck: „Großer Schulliederschatz“, 1868). Erst durch die Aufnahme in Engelbert Humperdincks viel gespielter Märchenoper „Hänsel und Gretel“ (1893) erreichte das Lied breitere Bekanntheit und konnte sich im Kanon populärer Kinderlieder etablieren (Edition C). Ein Ausdruck der bis in die Gegenwart anhaltenden Beliebtheit von „Ein Männlein steht im Walde“ sind zahlreiche liedbezogene Parodien und Karikaturen (Abb. 1). So schrieb der Liedermacher Peter Kühn das Lied Ende der 1970er Jahre in einen Anti-AKW-Song um („Ein Monster steht im Felde ganz still und stumm“) (Edition D). Politische Wellen schlug ein Anfang 2011 geschalteter Spot der CSU gegen die in Umfragewerten seinerzeit stark zulegende Partei Die Grünen („Ein Männlein steht im Walde ganz grün und dumm. Es hat vor lauter Protest eine Steinschleuder um…“).

TOBIAS WIDMAIER
Quellenrecherche: JOHANNA ZIEMANN
(März 2012)

Quellenübersicht

  • Ungedruckte Quellen: kaum Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: sehr häufig in Gebrauchsliederbüchern, etliche sonstige Rezeptionsbelege
  • Bild-Quellen: gelegentlich auf Liedpostkarten, etliche Illustrationen in Kinderliederbüchern
  • Tondokumente: sehr viele Tonträger

Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.

© Deutsches Volksliedarchiv

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