Es ist für uns eine Zeit angekommen,
sie bringt uns eine große Freud‘.
Übers schneebeglänzte Feld
wandern wir, wandern wir
durch die weite, weiße Welt.
Es schlafen Bächlein und See unterm Eise,
es träumt der Wald einen tiefen Traum.
Durch den Schnee, der leise fällt,
wandern wir, wandern wir
durch die weite, weiße Welt.
Weihnachtslieder – Album 2
Wiebke Hoogklimmer – Altstimme
Vom hohen Himmel ein leuchtendes Schweigen
erfüllt die Herzen mit Seligkeit.
Unterm sternbeglänzten Zelt
wandern wir, wandern wir
durch die weite, weiße Welt.
Text: neue, heute meist bekannte Textfassung von Paul Hermann 1939 – (1904–1970)
Melodie: Schweizer Sterndreherlied aus dem 19. Jahrhundert. Die in Deutschland bekannte Melodie wurde von dem Schweizer Volksliedsammler Alfred Leonz Gaßmann (1876–1962) 1906 mitgeteilt.
in deutschen Liederbüchern ist auch die Textfassung von Maria Wolters aus dem Jahr 1957 zu finden:
Es ist für uns eine Zeit angekommen,
es ist für uns eine große Gnad.
Unser Heiland Jesus Christ,
der für uns, der für uns,
der für uns Mensch geworden ist.
Es sandte Gott seinen Engel vom Himmel
zu einer Jungfrau, hieß Marie:
„Du sollst Mutter Gottes sein,
Jesus Christ, Jesus Christ,
Jesus Christ dein Söhnelein.“
Maria hörte des Herren Begehren,
sich neigend sie zum Engel sprach:
„Sieh, ich bin des Herren Magd,
mir gescheh, mir gescheh,
mir gescheh, wie du gesagt!“
Und es erging ein Gebot des Kaisers,
daß alle Welt geschätzet wird.
Josef und Maria voll Gnad
zogen hin, zogen hin,
zogen hin nach Davids Stadt.
Es war kein Raum in der Herberg zu finden,
es war kein Platz für arme Leut.
In dem Stall bei Esel und Rind
kam zur Welt, kam zur Welt,
kam zur Welt das heilge Kind.
In der Krippe muß er liegen,
Und wenn’s der härteste Felsen wär‘:
Zwischen Ochs‘ und Eselein
Liegst du, liegst du,
Liegst du, armes Jesulein
Es waren Hirten bei Nacht auf dem Felde,
ein Engel ihnen erschienen ist:
„Fürcht euch nicht, ihr Hirtenleut!
Fried und Freud, Fried und Freud,
Fried und Freud verkündt ich heut!
Denn euch ist heute der Heiland geboren,
welcher Christus ist der Herr!
Dies soll euch zum Zeichen sein:
’s Kindlein, ’s Kindlein,
s‘ Kindlein liegt im Krippelein.“
Sie gingen eilend und fanden beide
Mariam und Josef in einem Stall
und dazu das Kindelein,
Jesus Christ, Jesus Christ,
Jesus Christ im Krippelein.
Vom Morgenlande drei Könige kamen,
ein Stern führt sie gen Bethlehem.
Myrrhen, Weihrauch und auch Gold
brachten sie, brachten sie,
brachten sie dem Kindlein hold.
Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Waltraud Linder-Beroud: Es ist für uns eine Zeit angekommen (2007). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon.
http://www.liederlexikon.de/lieder/es_ist_fuer_uns_eine_zeit_angekommen/
Bei dem Lied „Es ist für uns eine Zeit angekommen“ handelt es sich ursprünglich um ein Sternsingerlied aus dem Weihnachtsbrauchtum der deutschsprachigen Schweiz, das dort im 19. Jahrhundert verschiedentlich zum Dreikönigsfest gepflegt wurde. Um 1939 entstand dazu in Deutschland eine Neufassung des Textes, welche die christlichen Motive des Liedes zu verdrängen suchte. Diese Winterliedversion hat sich in den Gebrauchsliederbüchern der jüngsten Zeit weitgehend durchgesetzt.
I. Das Schweizer Dreikönigslied ist vor allem aus dem Wiggertal (Kanton Luzern) überliefert, wo das Lied seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gesungen wurde (Edition A). Der Volksliedsammler Alfred Leonz Gaßmann (1876–1962) berichtete 1906 in seiner Sammlung „Das Volkslied im Luzerner Wiggertal und Hinterland“ über den dortigen Brauch des Dreikönigssingens: „Am Sonntag vor Dreikönigen und am Festtag […] zogen die muntern Sänger bei hereinbrechender Nacht von Haus zu Haus und trugen ihre Lieder zur Freude aller Ortsbewohner vor. Ein Sänger trug den stattlichen Stern voran. […] Der Träger des Sterns hieß allgemein Sterndreher und hiervon das Lied Sterndreherlied. In dem mit vielfarbigem Papier überzogenen fünf- bis neunzackigen Sterne leuchtete eine Kerze, zur Nachtzeit ein überaus schönes Bild. Ein zweiter Sänger mußte das Inkasso besorgen. Da gab es 6–8 Batzen, dort 1–5 Franken.“ Anschließend stärkten die Bauersleute die Burschen mit einem kühlen Trunk Most, der in Kannen bereit stand. Dieser traditionelle Brauch wurde jedoch in der Zeit der Jahrhundertwende bereits kaum mehr praktiziert: „Mancher ‚Aetti‘ und manch altes ‚Müetti‘ sprach zu mir in seliger Begeisterung von der guten alten Zeit, wo diese Gesänge noch überall zur stillen Winterszeit in den einsamen Dörfern und entlegenen Gehöften ertönten.“ Jedoch gerade das Lied „Es ist für uns eine Zeit angekommen“ sei um 1900 in drei Gemeinden in der Weihnachtszeit noch „gäng und gäbe“ gewesen.
II. Das mündlich tradierte Lied ist in verschiedenen Text- und Melodiefassungen überliefert, vorwiegend mit drei oder vier Strophen und in hochdeutscher Sprache. Die Fassung aus dem Kanton Aargau, die Otto von Greyerz in seinem bekannten „Röseligarte“ (Bern 1912) mitteilt, unterscheidet sich beispielsweise deutlich von der aus dem Wiggertal: den vier Strophen sind hier jeweils sechs weitere Verse in mundartlicher Färbung angehängt, die von den Hirten im Felde berichten. Auch die Melodie ist hier eine andere (Edition B).
III. In Deutschland fand jedoch lediglich die von Alfred Leonz Gaßmann 1906 mitgeteilte Melodie Aufnahme, als das Lied hier in den Jahren um den Ersten Weltkrieg auf erste Resonanz stieß und dann auch in der von Gerd Benoit herausgegebenen Sammlung „Aus allen Gauen. Lieder wie sie ein Volk zeichnen“ (Berlin 1934) enthalten war. In der Zeit des Nationalsozialismus entstand dann eine weltliche Umdichtung von Paul Hermann (1904–1970), die eine idyllische Winterlandschaft beschreibt und inhaltlich nichts mehr mit dem ursprünglich christlichen Text gemein hat. Hier wurde in der ersten Strophe zunächst die ursprüngliche „Gnade“ durch das Wort „Freude“ ersetzt und im weiteren dann der komplette Text mit seinen religiösen Bezügen durch einen weltlichen. Das Lied erschien erstmals 1939 in der Sammlung „Das Kindelwiegen“ von Georg Blumensaat, einem „Singe- und Spielbuch für die Weihnacht“, welches auch bei anderen Weihnachtsliedern die christlichen Elemente zu tilgen suchte, um sie dem neuheidnischen „Julfeier“-Ritual dienstbar zu machen. Dieses Winterlied wurde dann auch in der auflagenstarken Sammlung „Deutsche Kriegsweihnacht“ (1941) publiziert (Edition C) und findet sich gleichermaßen im „Weihnachtsliederbuch für die deutsche Familie“, das Wolfgang Stumme, ein weiterer nazistischer Volksliedfunktionär, herausgab („Bald nun ist Weihnachtszeit“. Wolfenbüttel 1945).
IV. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erinnerte man sich auch in Deutschland bisweilen wieder an das ursprüngliche Schweizer Sterndreherlied. Für die von Gottfried Wolters herausgegebene Sammlung „Inmitten der Nacht. Die Weihnachtsgeschichte im Volkslied“ (Wolfenbüttel 1957) wurde es gar mit acht neuen Strophen (von Maria Wolters) versehen. Dennoch ist das Lied heute überwiegend in der Textfassung von Paul Hermann verbreitet: Ungeachtet seines problematischen Entstehungshintergrundes fand es als Winterlied Eingang in wirkungsstarke Liedsammlungen wie „Bruder Singer“ (1951) oder die „Mundorgel“ (3. Aufl. 1968) und ist in der Gegenwart ungleich bekannter als das ältere Schweizer Brauchtumslied. In einigen Liederbüchern sind mitunter beide Fassungen abgedruckt (Edition D).
WALTRAUD LINDER-BEROUD
(November 2005 / Januar 2007)
Quellenübersicht
- Ungedruckte Quellen: vergleichsweise wenige Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
- Gedruckte Quellen: häufig in Gebrauchsliederbüchern
- Bild-Quellen: gelegentlich auf Liedpostkarten
- Tondokumente: viele Tonträger
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Berlin) miteinbezogen.
© Deutsches Volksliedarchiv
weitere Weihnachtslieder