Hab mein Wage vollgelade

Hab mein Wage vollgelade,
voll mit alten Weibsen.
Als wir in die Stadt ’neinkamen,
hubn sie an zu keifen.
Drum lad ich all mein Lebetage
nie alte Weibsen auf mein Wage.
Hü, Schimmel, hü!

Kinderlieder-CD zum Mitsingen

Kinderlieder – Album 1
Wiebke Hoogklimmer – Altstimme

Hab mein Wage vollgelade,
voll mit Männern alten.
Als wir in die Stadt ’neinkamen,
murrten sie und schalten.
Drum lad ich all mein Lebetage
nie alte Männer auf mein Wage,
Hü, Schimmel, hü!

Hab mein Wage vollgelade,
voll mit jungen Mädchen.
Als wir zu dem Tor neinkamen,
sangen sie durchs Städtchen.
Drum lad ich all mein Lebetage
nur junge Mädchen auf mein Wage.
Hü, Schimmel, hü!

Text und Melodie: aus den Niederlanden 17. Jahrhundert, deutsche Übersetzung unbekannt um 1900

Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Tobias Widmaier: Hab mein Wagen voll geladen (2012). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon.
http://www.liederlexikon.de/lieder/hab_mein_wagen_vollgeladen/

Das Scherzlied „Hab mein Wagen voll geladen“ stammt aus dem niederländischen Sprachraum. In Deutschland wurde es zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der Wandervogel- und Jugendbewegung aufgegriffen und rasch populär.

I. Der Text des niederländischen bzw. flämischen Liedes „Ik heb een wagen vol geladen“ wurde erstmals 1843 in einer Sammlung mündlich überlieferter „Sprachaltertümer“ aus dem seit 1830 belgischen Flandern veröffentlicht (Edition A). Hoffmann von Fallersleben übernahm das Lied daraus in die zweite Auflage seiner Sammlung „Niederländische Volkslieder“ (1856), in der er die Ansicht einer ins Mittelalter zurückreichenden Liedergemeinschaft der Niederlande mit Deutschland vertrat. Drucke oder Aufzeichnungen von „Ik heb een wagen vol geladen“ aus der Zeit vor 1843 sind freilich nicht bekannt. Lyrisches Ich des scherzhaften Liedes ist ein Fuhrmann, der menschliche Fracht zu Markte fährt, die sich als „slechte waer“ (schlechte Ware) erweist: Die alten Frauen keifen, die alten Männer suchen Streit, die „oude dochters“ jammern. Nur ein Wagen „vol van jonge dochters“ ist „goede waer“: „Als zy kwamen op den markt / werden zy al verkocht [verkauft]“. So gibt der Fuhrmann abschließend kund, nur noch junge Mädchen transportieren zu wollen.

II. In deutscher Übersetzung erschien das Lied „Ik heb een wagen vol geladen“ erstmals 1898 in einer von Coenraad V. Bos zusammengestellten Ausgabe „Niederländische[r] Volkslieder“ für Singstimme und Klavier (Edition B). Abweichend von der Vorlage begründet der Fuhrmann hier in der letzten Strophe seinen Wunsch, „all mein Lebenstage“ nur noch junge Mädchen mitzunehmen, mit deren stets guter Laune („als sie auf den Markt kamen, / sangen sie durch’s Städtchen“). Eine breitere Rezeption erfuhr „Hab mein Wagen voll geladen“ jedoch erst mit Aufnahme in Liederbücher der Wandervogel- und Jugendbewegung ab 1910, wobei die gängige Textfassung eine Reihe von Abweichungen gegenüber jener von 1898 aufweist (Edition C). Vereinzelt lassen sich in der Folge auch Zusatzstrophen ausmachen (Edition D). „Hab mein Wagen voll geladen“ ist in Gebrauchsliederbüchern der 1950er Jahre bis 1980er Jahre vielfach belegt und zählt bis in die Gegenwart zum Repertoire der bekannteren „Volkslieder“.

TOBIAS WIDMAIER
Quellenrecherche: JOHANNA ZIEMANN
(Februar 2012)


Quellenübersicht

  • Ungedruckte Quellen: vergleichsweise wenige Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: ab 1910 überaus häufig in Gebrauchsliederbüchern
  • Bild-Quellen: gelegentlich auf Liedpostkarten
  • Tondokumente: häufig auf Tonträgern

Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.

© Deutsches Volksliedarchiv

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