Horch, was kommt von draußen rein

Horch, was kommt von draussen rein? Hollahi, Hollaho!
Wird wohl mein Feinsliebchen sein, Hollahijaho!
Geht vorbei und schaut nicht rein? Hollahi, Hollaho!
Wird´s wohl nicht gewesen sein, Hollahijaho!

D‘ Leute haben´s oft gesagt, Hollahi, Hollaho!
Daß ich kein fein´s Liebchen hab, Hollahijaho!
Laß sie red’n, ich schweig‘ fein still, Hollahi Hollaho!
Kann doch lieben, wen ich will, Hollahijaho!

Kinderlieder-CD zum Mitsingen

Kinderlieder – Album 1
Wiebke Hoogklimmer – Altstimme

Leutchen, sagt mir’s ganz gewiß, Hollahi, Hollaho!
Was das für ein Lieben ist, Hollahijaho!
Die man will, die kriegt man nicht, Hollahi, Hollaho!
Und ’ne andre will ich nicht, Hollahijaho!

Wenn mein Liebchen Hochzeit hat, Hollahi, Hollaho!
Hab ich meinen Trauertag, Hollahijaho!
Gehe in mein Kämmerlein, Hollahi, Hollaho!
Trage meinen Schmerz allein, Hollahijaho!

Wenn ich dann gestorben bin, Hollahi, Hollaho!
Trägt man mich zum Grabe hin, Hollahijaho!
Setzt mir einen Leichenstein, Hollahi, Hollaho!
Blühn bald da Vergißnichtmein*, Hollahijaho!
*oder: Pflanzt mir Veilchen und Vergißnichtmein

Diese Strophe steht nicht in jedem Liederbuch:

Wenn ich dann im Himmel bin, Hollahi, Hollaho!
Ist mein Liebchen auch darin, Hollahijaho!
Denn es ist ein alter Brauch, Hollahi, Hollaho!
Was sich liebt, das kriegt sich auch, Hollahijaho!

(Zu diesem Lied gibt es in den unterschiedlichen Liederbüchern leichte Variationen im Text)

Text und Melodie: aus Baden 19. Jahrhundert.
Gustav Mahler (1860-1911) nutzte sinngemäß den Text der 4. Strophe für den Beginn seines Zyklus‘ „Lieder eines fahrenden Gesellen“.

Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Tobias Widmaier: Horch, was kommt von draußen rein (2012). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon.
http://www.liederlexikon.de/lieder/horch_was_kommt_von_draussen_rein/

Das Lied „Horch, was kommt von draußen rein“ fand Ende des 19. Jahrhunderts zunächst im studentischen Milieu Verbreitung. Herkunft und Urheber des Liedes sind unbekannt. Im frühen 20. Jahrhundert wurde es von der Wandervogelbewegung aufgegriffen und in die Männerchor-Literatur übernommen. Beides trug zu einer weiteren Popularisierung des Liedes bei. Bis in die Gegenwart ist „Horch, was kommt von draußen rein“ in unzähligen Liederbüchern belegt.

I. „Horch, was kommt von draußen rein“ war ein Ende des 19. Jahrhunderts im studentischen Milieu offenbar beliebtes und viel gesungenes Lied. Woher es stammt bzw. wer es geschaffen hat, ist nicht überliefert. Die bislang früheste ermittelte Veröffentlichung des Liedes (nur Text) findet sich im Kommersbuch „Vivat Academia“ (Halle 11884, 21885) (Edition A). Im Jahr 1900 zeichnete Elizabeth Marriage „Horch, was kommt von draußen rein“ in Handschuhsheim nahe der Universitätsstadt Heidelberg auf (Edition B). Diesen Beleg aus mündlicher Überlieferung teilte sie in ihrer Sammlung „Volkslieder aus der badischen Pfalz“ (1902) mit und merkte dabei an, dass Studenten es gewesen seien, die das Lied „ins Dorf gebracht“ hätten; auch in Jena, ergänzte Marriage, werde es von Studenten gepflegt (s. außerdem Anmerkung zu Edition A). Nicht nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund, weshalb „Horch, was kommt von draußen rein“ in Franz Magnus Böhmes Referenzwerk „Volksthümliche Lieder der Deutschen“ (1895) den Titel „Matrosengesang“ trägt. Schon eine zeitgenössische Rezension monierte dies als Fehler des Herausgebers (s. Meier 1898).

II. Lyrisches Ich in „Horch, was kommt von draußen rein“ ist ein junger Mann, der konstatieren muss, dass sein „fein’s Liebchen“ ihn nicht (bzw. nicht mehr) beachtet („geht vorbei und kommt nicht rein“; Edition A, Str. 1). Für ihn bestätigt sich damit eine Regel: „Die man liebt, die kriegt man nicht“ (Str. 3). Wenn sein „Liebchen“ heirate, sei für ihn ein „Trauertag“ (Str. 4). Auf sein Grab möge man dereinst, so erklärt der junge Mann abschließend, „Rosen und Vergißnichtmein“ pflanzen (Str. 5). Das Lied wird auch mit vertauschten Rollen tradiert: In diesen Fällen ist es eine junge Frau, die beklagt, dass sich ihr „Schätzel“ einer anderen zugewandt habe. Der Liedinhalt wird durch die heitere Melodie und das jedem Vers angehängt „Holla hi, holla ho“ auf gewisse Weise konterkariert. So ist es nicht verwunderlich, dass eine Reihe von Parodien überliefert ist, die das Lied ins Scherzhafte wenden. Eine entsprechende Strophe findet sich bereits bei Marriage: „Wenn mei‘ Schätzel Hochzeit hat, / Ist’s für mich ein Freudentag. / Geh‘ nach Haus‘ und denk‘: ‚Famos! / Hab‘ ich doch den Spitzbub‘ los!‘“ (s. Anmerkung zu Edition B). Auch Parodien größeren Umfangs sind dokumentiert (Edition D).

III. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand das Lied „Horch, was kommt von draußen rein“ Eingang in zwei weitere Singmilieus. 1906 erschien es im einflussreichen, auf Veranlassung Kaiser Wilhelms II. herausgegebenen „Volksliederbuch für Männerchor“; zeitgleich wurde es auch von der Wandervogelbewegung aufgegriffen (Edition C). Beides trug zu einer weiteren Verbreitung des Liedes entscheidend bei. Bis heute erfreut sich „Horch, was kommt von draußen rein“ großer Popularität, was sich an zahllosen Abdrucken in Gebrauchsliederbüchern und Einspielungen für Tonträger ablesen lässt. Immer wieder trifft man dabei auf die falsche, ungeprüft tradierte Angabe, das Lied stamme aus Baden bzw. der „badischen Pfalz“. Tatsächlich ist durch Elizabeth Marriage in dieser Region ein früher Rezeptionsbeleg aufgezeichnet worden (Edition B), nicht aber die „Urfassung“ oder spätere Standardversion des Liedes.

TOBIAS WIDMAIER
Quellenrecherche: JOHANNA ZIEMANN
(November 2012)

Editionen und Referenzwerke

Weiterführende Literatur

  • John Meier: Unsere volkstümlichen Lieder. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 30 (1898), S. 112–117, hier S. 116.

Quellenübersicht

  • Ungedruckte Quellen: zahlreiche Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: überaus häufig in Gebrauchsliederbüchern
  • Bild-Quellen: gelegentlich auf Liedpostkarten
  • Tondokumente: sehr viele Tonträger

Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.
© Deutsches Volksliedarchiv

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