Mein Vater war ein Wandersmann

Mein Vater war ein Wandersmann
Und mir steckt’s auch im Blut;
Drum wandr‘ ich froh so lang ich kann
Und schwenke meinen Hut.
Valeri, valera,
Valeri, valera ha ha ha ha ha,
Valeri, valera,
Und schwenke meinen Hut.

Das Wandern schafft stets frische Lust,
Erhält das Herz gesund,
Frei atmet draußen meine Brust,
Froh singet stets mein Mund.
Valeri, valera,
Valeri, valera ha ha ha ha ha,
Valeri, valera,
Froh singet stets mein Mund.

Kinderlieder-CD zum Mitsingen

Kinderlieder – Album 1
Wiebke Hoogklimmer – Altstimme

Warum singt dir das Vögelein
So freudevoll sein Lied?
Weil’s nimmer hockt, landaus, landein
Durch and’re Fluren zieht.
Valeri, valera,
Valeri, valera ha ha ha ha ha,
Valeri, valera,
Durch and’re Fluren zieht.

Was murmelt’s Bächlein dort und rauscht
So lustig hin durch’s Rohr?
Weil’s frei sich regt, mit Wonne lauscht
Ihm dein empfänglich Ohr.
Valeri, valera,
Valeri, valera ha ha ha ha ha,
Valeri, valera,
Ihm dein empfänglich Ohr.

Drum trag ich’s Ränzel und den Stab
Weit in die Welt hinein,
Und werde bis ans kühle Grab
Ein froher Wandrer sein.
Valeri, valera,
Valeri, valera ha ha ha ha ha,
Valeri, valera,
Ein froher Wandrer sein.

Text: Florenz Friedrich Sigismund um 1850 – (1791–1877)
Melodie: mehrfach vertont, zuerst von Johann Michael Anding (1810–1879). Die heute gebräuchliche Melodie stammt von Friedrich Wilhelm Möller (1911–1993), geschrieben Anfang der 50er Jahre für die von seiner Schwester Edith Möller geleiteten „Schaumburger Märchensänger“.

Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Tobias Widmaier: Mein Vater war ein Wandersmann (2010). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon.
http://www.liederlexikon.de/lieder/mein_vater_war_ein_wandersmann/

Der um die Mitte des 19. Jahrhunderts von Florenz Friedrich Sigismund geschriebene Liedtext „Mein Vater war ein Wandersmann“ ist bis ins frühe 20. Jahrhundert mehrfach vertont worden. Nur eine dieser Liedfassungen erlangte durch die Wandervogel-Bewegung eine gewisse Verbreitung. Zum musikalischen Welterfolg wurde dann die Vertonung, die Friedrich Wilhelm Möller schuf. Das für die „Schaumburger Märchensänger“, einen von seiner Schwester geleiteten Kinderchor, geschriebene Lied stand 1954 über Wochen in der englischen Hitparade („The Happy Wanderer“). Dies zog wiederum viele deutsche und fremdsprachige Coverversionen nach sich, die z. T. ebenfalls zu Verkaufsschlagern wurden. Die große Popularität von Möllers „Mein Vater war ein Wandersmann“ belegen auch Parodien aus dem Volksmund.

I. Die bislang früheste publizierte Vertonung von „Mein Vater war ein Wandersmann“, die zu ermitteln war, stammt von Johann Michael Anding (1810–1879), einem Seminarmusiklehrer aus Hildburghausen, der sich auch als Komponist und Volksliedsammler betätigte. Eine 1876 erschienene, von Carl Seitz herausgegebene „Sammlung ausgewählter Lieder und Gesänge für gemischten Chor“ mit „70 Original-Compositionen beliebter Componisten der Gegenwart“ exponiert Andings Chorsatz „Mein Vater war ein Wandersmann“ als erste Nummer (Edition A). Als Textdichter wird hier „Fr. Sigismund“ angegeben, d. i. Florenz Friedrich Sigismund (1791–1877), beruflich zuletzt Justizrat in Blankenburg (heute: Bad Blankenburg) und nebenbei literarischer Übersetzer aus dem Französischen. Bei späteren Urhebernachweisen findet sich sein Name in teilweise fehlerhafter Schreibung (z. B. „Fl. Siegesmund“; Edition D). In einem Fall wurde die Autorschaft auch seinem Sohn Berthold (1819–1864) zugeschrieben (Edition B). Vermutlich war der Liedtext vor seiner ersten Vertonung bereits eigenständig veröffentlicht worden, doch hat sich dafür bislang kein Quellenbeleg gefunden. Anding gefiel der Text im Übrigen so sehr, dass er ihn noch ein zweites Mal vertonte (Edition C).

II. Der Text des Liedes „Mein Vater war ein Wandersmann“ ist den lyrischen Elogen auf das Wandern und die Erfahrungen in freier Natur zuzuordnen, die im 19. Jahrhundert in großer Zahl entstehen. Das „freudevoll“ singende „Vögelein“, das ständig „durch andre Fluren zieht“, und das „lustig“ rauschende „Bächlein“, das „frei sich regt“, versinnbildlichen dem lyrischen Ich, einem reisenden Handwerksburschen mit „Ränzel“ und „Stab“, die Ideale des Wanderns, das vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund einer zunehmenden Urbanisierung und Industrialisierung auch als bürgerliche Freizeitbetätigung entdeckt und geschätzt wird. In der zweiten der insgesamt fünf Strophen – die auch einmal unberücksichtigt bleiben konnte (Edition A) – werden zudem die gesundheitlichen Vorteile der Bewegung unter freiem Himmel herausgestrichen („Das Wandern schafft stets frische Luft, / erhält das Herz gesund“; Edition B).

III. Bis ins frühe 20. Jahrhundert legten neben Anding noch einige weitere Komponisten Vertonungen von „Mein Vater war ein Wandersmann“ vor, die z. T. in Schulliederbücher aufgenommen wurden. So findet sich etwa in der von Johann Diebold zusammengestellten „Liedersammlung für Volks- und Mittelschulen“ (Freiburg i. Br. 1903) ein speziell Mädchenklassen zugedachter Liedsatz aus der Feder eines nicht näher bekannten Adolf Gönner (Edition B), ein anderer von Ludwig Kageler in „Frisch gesungen! Chorbuch für höhere Knabenschulen“ (Hannover 1913, Nr. 116). Mit der Aufnahme ins Repertoire der Wandervogel-Bewegung gewann aber einzig die bereits erwähnte zweite Melodiefassung des Liedes von Anding eine gewisse Verbreitung. Das ursprünglich für vierstimmigen Männerchor geschriebene Werk wurde dabei in ein gitarrenbegleitetes Sololied transformiert (Edition C).

IV. Die heute bekannte Melodie von „Mein Vater war ein Wandersmann“ entstand erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als Friedrich Wilhelm Möller für die 1949 von seiner Schwester Edith Möller gegründeten „Schaumburger Märchensänger“ eine weitere Neuvertonung (mit dem Titel „Der fröhliche Wanderer“) schuf (Edition D). Der Kinderchor präsentierte das Lied 1953 im Rahmen des Festivals „International Eisteddfod“ in Llangollen (Wales) als Zugabe bei einer Aufführung, die von der BBC übertragen wurde. Das Lied wurde begeistert aufgenommen und binnen kurzer Zeit ein musikalischer Welterfolg. So war der für den englischsprachigen Markt in „Obernkirchen Children’s Choir“ umbenannte Chor mit „Mein Vater war ein Wandersmann“ („The Happy Wanderer“) vom 22. Januar 1954 an 26 Wochen in der britischen Hitparade (seinerzeit noch eine Top 12). Das Lied wurde von Antonia Ridge ins Englische übersetzt (Edition E) und 1954 sowohl in Großbritannien wie in den USA in diversen Einspielungen veröffentlicht (u. a. Diana Decker, The Stargazers, Henri René and His Orchestra, Louis Prima and His Orchestra, Frank Weir, Tommy Leonetti), von denen einige ebenso Verkaufserfolge wurden. Auch in andere Sprachen wurde das Lied übersetzt und dort auf Platte vorgelegt (z. B. Alice Babs: „Den glade vandraren“, Schweden 1954). In Deutschland fanden die „Schaumburger Märchensänger“ mit „Mein Vater war ein Wandersmann“ nach ihrem internationalen Durchbruch gleichfalls ein großes Publikum. Im Spielfilm „Der fröhliche Wanderer“ (1955) sangen sie (in der Rolle eines Internatschores) das Lied gemeinsam mit dem (hier ihren Leiter mimenden) Tenor Rudolf Schock (Abb. 1). Zahlreiche weitere Interpreten (darunter Heino, Tony Marshall oder die Fischer-Chöre) haben in der Folge Möllers „Mein Vater war ein Wandersmann“ eingesungen und daraus einen volkstümlichen Evergreen gemacht.

V. Auch in die mündliche Singpraxis ging Möllers Fassung von „Mein Vater war ein Wandersmann“ ein. Aufnahme fand sie darüber hinaus in einer Reihe von Gebrauchsliederbüchern. Veröffentlicht wurde das Lied hier z. T. ohne Urheberangaben quasi im Sinne eines gesanglichen Gemeingutes, wie etwa ein 1971 zusammengestelltes Liederbuch für die katholische Jugendarbeit zeigt, das zudem einige Textparodien wiedergibt, die seinerzeit kursierten (Edition E ). Mit einem neuen Text versehen ist Möllers Melodie im ‚launigen‘ Schlager „Du guckst mich heut so anders an“ von Gottlieb Wendehals (auf LP „Ervolkslieder“, 1983).

TOBIAS WIDMAIER
Quellenrecherche: JOHANNA ZIEMANN
(August 2010)

Weiterführende Literatur

  • Peter Fauser: Die Volksliedsammlung des Johann Michael Anding aus Hildburghausen. Weimar und Jena 2003, S. 46–52 (Kapitel „Zur Biographie Andings“).

Quellenübersicht

  • Ungedruckte Quellen: Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: sehr häufig in Gebrauchsliederbüchern
  • Bild-Quellen: —
  • Tondokumente: sehr viele Tonträger (ausschließlich Fassung Möller), einzelne Tonaufzeichnungen

Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Berlin) miteinbezogen.

© Deutsches Volksliedarchiv

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