Widele, wedele, hinterm Städele

Widele, wedele, hinterm Städele
hält der Bettelmann Hochzeit.
Alle die Tierle, die Wedele habe,
solle zur Hochzeit komme.
Widele, wedele, hinterm Städele
hält der Bettelmann Hochzeit.

Kinderlieder-CD zum Mitsingen

Kinderlieder – Album 1
Wiebke Hoogklimmer – Altstimme

Widele, wedele, hinterm Städele
hält der Bettelmann Hochzeit.
Pfeift das Mäusele, tanzt das Läusele,
schlägt das Igele Trommel.
Widele, wedele, hinterm Städele
hält der Bettelmann Hochzeit.

Widele, wedele, hinterm Städele
hält der Bettelmann Hochzeit.
Winde mer Kränzele, tun mer a Tänzele,
laß‘ mer das Geigele singe.
Widele, wedele, hinterm Städele
hält der Bettelmann Hochzeit.

Text und Melodie: aus Schwaben ohne Jahresangabe

Ein ausführlicher Text zur Entstehungsgeschichte vom Forschungsprojekt des Deutschen Volksliedarchivs:
Frauke Schmitz-Gropengiesser: Widele, wedele, hinterm Städele (2013). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon.
http://www.liederlexikon.de/lieder/widele_wedele_hinterm_staedele/

(Bettelmanns Hochzeit)

Das Kinderlied „Widele, wedele, hinterm Städele“, bekannt auch unter dem Titel „Bettelmanns Hochzeit“, erschien erstmals 1808 in der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“. Es ist in zahlreichen Varianten überliefert. Die heute geläufige Text- und Melodiefassung setzte sich erst in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts durch. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde „Widele, wedele, hinterm Städele“ relativ breit rezipiert und fand in vielen Gebrauchsliederbüchern Aufnahme.

I. Die im Geiste der romantischen Volksliedidee zusammengestellte Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“ der Schriftsteller Achim von Armin und Clemens Brentano enthält (in Bd. 3, Heidelberg 1808) auch eine Abteilung „Kinderlieder“. Darin wurde unter dem Titel „Etikette auf des Bettelmanns Hochzeit“ das bis heute bekannte Lied „Widele, wedele“ erstmals veröffentlicht (Edition A). Es besingt ein Hochzeitsfest im Armeleute-Milieu, das „hinterm Städele“ (d. h. hinter der Scheune) stattfindet. Eingeladen sind dazu „alle die Thier, die Wedele (Schwänze) haben“. Einem „Igele“ obliegt die Aufgabe, sie zusammenzutrommeln, für musikalische Unterhaltung sorgt ein pfeifendes „Läusle“. Es scheint zu kurz gegriffen, „Widele, wedele“ als Spottlied auf eine soziale Randgruppe zu interpretieren. „Widele, wedele“ gehört „zum Typus der Lieder von unmöglichen Dingen“ (Rölleke 1978) und hat primär aus diesem Grund Verbreitung gefunden. Die „Wunderhorn“-Herausgeber erhielten das Lied von ihrem wohl wichtigsten Zuträger, Karl Nehrlich aus Hechingen (Hohenzollern), der es dort aus Kindermund aufgezeichnet hat. Dies erklärt die spezifische Dialektfärbung des Textes.

II. Das Kinderlied „Bettelmanns Hochzeit“ war im 19. Jahrhundert im süddeutschen Raum weithin bekannt. Nehrlich hielt nur eine der zahllosen Varianten fest, die damals mündlich kursierten. Belegt ist das Lied etwa auch mit dem Incipit „Wickele, wäckele“, „Hiddele, haddele“ (Böhme 1897), „Hittele, hättele“, „Hitterla, haterla“, „Vissili, vässeli“ und „Heddele, beddele“ (Edition B mit Anmerkungen). Ganz unterschiedlich ist auch der weitere Fortgang des Liedes; neben Abweichungen beim Tierpersonal („Alli Tierli, wo Feddern hent, / solle a’s Hichsett chumme“) finden sich Ausschmückungen anderer Art (Beispiele s. Anmerkungen zu Edition B). Der Umstand, dass eine Melodie nur in wenigen Fällen mit überliefert ist (z. B. Edition B), könnte ein Indiz dafür sein, dass „Bettelmanns Hochzeit“ nicht nur als Lied, sondern auch als Sprechreim Verwendung fand.

III. Erste Gebrauchsliederbücher haben „Bettelmanns Hochzeit“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgenommen. Dabei griff man auf die Textfassung in „Des Knaben Wunderhorn“ zurück. Im Liederbuch „Die bunte Garbe“ (München 1913) wurde „Widele, wedele“ vermutlich erstmals mit der heute bekannten Melodie anonymer Herkunft veröffentlicht (Edition C). Die achtzeilige Vorlage wurde hier durch Wiederholungen und Kehrvers auf zwei Strophen in A-B-A-Form gedehnt. Verschiedentlich findet sich „Widele, wedele“ noch um eine neue, dritte Strophe ergänzt (s. Edition D: „Hinterm Grenzele tanz mer e Tänzele, laß mer das Geigele singe“). In den 1920er Jahren ist „Widele, wedele“ von einigen Liederbüchern der Wandervogel- und Jugendbewegung übernommen worden, wichtige Multiplikatoren wie der „Zupfgeigenhansl“ enthalten das Lied allerdings nicht. In der NS-Zeit ist es kaum rezipiert worden. Relativ häufig ist „Widele, wedele“ erst seit den 1950er Jahren in Gebrauchs- und Kinderliederbüchern vertreten.

FRAUKE SCHMITZ-GROPENGIESSER
Liedrecherche: ANNETTE KRÄTER
(Januar 2013)

Editionen und Referenzwerke

Weiterführende Literatur

  • Hartmut Rössel: Karl Nehrlich. Ein Volksliedsammler zu Beginn des 19. Jahrhunderts. In: Jahrbuch für Volksliedforschung 17 (1972), S. 171–180.
  • Karl Weinhold: Volksreime auf Bettlerhochzeiten. In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 3 (1893), S. 228–230.

Quellenübersicht

  • Ungedruckte Quellen: sehr viele Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: sehr häufig in Gebrauchsliederbüchern
  • Bild-Quellen: gelegentlich Illustrationen in Kinderliederbüchern
  • Tondokumente: verschiedene Tonträger

Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.

© Deutsches Volksliedarchiv

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